Zwischen den Welten

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Wer sich vom Festland aus schon einmal auf eine Hallig begeben hat, wird bestimmt wissen was ich meine. Auf der einen Seite ist das pure Leben, Urbanität und ständige Erreichbarkeit, während auf der anderen Seite die pure Stille, Langsamkeit und eine faszinierende Natur wartet. Laut, Leise – zwischen zwei Welten eben.

Wer hätte gedacht, dass ich unser Leben mal mit dem Leben auf einer Hallig vergleichen würde, aber es passt sinnbildlich geradezu perfekt. Als wir uns neulich endlich mal wieder auf den Weg zur Hamburger Hallig machten, kam mir genau dieser Vergleich in den Sinn. Gerade auch, weil die Hamburger Hallig eine feste Verbindung zum Festland hat.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Der Weg vom Deich zum Koog ist wie eine Brücke zwischen zwei Welten. Und zwischen diesen beiden Welten befindet sich ein Meer aus Natur – auch Salzwiesen genannt, die einen unfassbaren Reichtum an unterschiedlichsten Arten beherbergen. Wer sich schon einmal mit Salzwiesen befasst hat weiß, dass sie wahre Überlebenskünstler, in einer für sie feindlichen Natur, sind. Um überleben zu können, müssen sich die einzelnen Arten anpassen und dafür hat jede ihre ganz eigene Taktik entwickelt.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Was hat das nun mit unserem Leben zu tun?

Gerade in den letzten Wochen und Monaten habe ich mich wieder viel mit dem Leben auseinander gesetzt. Nicht nur mit dem eigenen, sondern auch wo wir als Menschen – insbesondere in Deutschland – gerade stehen. Neulich hatte ich ja schon mal angekündigt, dass wir uns auch dem Thema Digitalisierung ein wenig annehmen, da wir es erschreckend finden, warum die Kluft zwischen denen, die für die Digitalisierung brennen und denen, die damit gar nichts anfangen können – oder sogar Angst davor haben – so enorm groß ist.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Aber im Grunde ist das gar kein Wunder, denn wenn man sich die rasante Entwicklung der letzten Jahre anguckt, dann bewegen wir uns in der Tat in zwei völlig verschiedenen Welten. Auf der einen Seite steht die Nachkriegsgeneration und auf der anderen Seite die Generation Z. Beide Welten brauchen irgendwo dazwischen noch eine Brücke, damit sie die Verbindung – den Anschluss nicht verlieren.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Im Wandel der Gezeiten

Ein Stück weit macht es uns die Natur – zumindest an der Nordsee – sogar vor. Hier verändert sich das Landschaftsbild ständig. Der Wechsel der Gezeiten, Ebbe und Flut, mal Land, mal Meer, die Landschaft ist ständig in Bewegung. Sie formt, sie gibt und manchmal nimmt sie auch. Würde der Mensch nicht eingreifen, dann würde sich das Landschaftsbild noch viel schneller verändern als wir es jetzt wahrnehmen.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Aber der Mensch greift ein, und zwar nicht nur in die Landschaft, sondern auch in die Entwicklung. In den letzten Jahren gab es einen enormen Quantensprung von analog zu digital. Auf der einen Seite stehen Menschen, für die ein Smartphone auch heute noch Teufelszeug ist und es als enormen Fortschritt empfinden, dass ihr Telefon schnurlos ist. Und auf der anderen Seite steht die Generation Z, die erstmal Wikipedia befragen müssen, wann man ihnen erzählt, dass wir vor noch nicht allzu ferner Zeit unsere Medien auf einer Diskette abgespeichert haben.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Menschen wie Ralph und ich befinden sich da total in einer Zwischenwelt. Auf der einen Seite sind wir Kinder der Nachkriegsgeneration und auf der anderen Seite haben wir es mit der Generation Z zu tun. Zwei völlig unterschiedliche Welten und das nicht nur von der Technik, sondern auch von der Lebenseinstellung her. Unsere Generation kennt sowohl das Wählscheibentelefon, als auch das Smartphone. Wir wissen noch was eine Diskette oder Festplatte ist und wir hantieren irgendwo zwischen Aktenordnern und Clouds. Genau wie die Salzwiesen müssen wir uns dem ständigen Wandel anpassen, damit wir in den salzigen Fluten nicht untergehen. Wir beide sind weder Oldschool noch Hipster, sondern irgendetwas dazwischen.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Brücken bauen, zwischen den Welten

Und dazwischen fehlt ganz oft eine Brücke, ein Verbindungsglied, das beide Welten irgendwie noch zusammenhält. Eben Menschen wie wir, die beide Seiten kennen und sich auf beiden Seiten irgendwie zurechtfinden müssen oder können, wenn sie nicht in den Fluten untergehen wollen. Dass das vielen Menschen Angst macht, kann ich nicht nur sehr gut nachvollziehen, sondern es wundert mich auch nicht. Es wundert mich deshalb nicht, weil wir in unserer Gesellschaft nicht an die Hand genommen werden. Wir leben in einer Angstkultur, weil es so einfacher ist, den Menschen für seine Zwecke einzusetzen, zu kontrollieren.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Aber ich möchte hier weder moralisch noch politisch werden, sondern ganz im Gegenteil. Ich/wir möchten Mut machen und ein Stück weit die Angst vor der Digitalisierung nehmen, denn sie ist gar kein Schreckensgespenst, wie uns viele glauben lassen wollen, sondern eine prima Chance sich ganz neue Arbeits- und Lebensmodelle zu verwirklichen.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

So wie in unserem Fall. Dank der Digitalisierung haben wir nicht nur neue Berufsfelder für uns erschließen können, die wir wirklich mit Freude und aus dem Herzen tun, sondern wir hatten so auch die Möglichkeit eben jetzt schon an die Nordsee zu ziehen und nicht erst im Rentenalter. Dann, wenn ein Großteil unseres Lebens bereits an uns vorbeigerauscht ist.

Sonntagsspaziergang auf der Hamburger Hallig // Foto: Ralph Kerpa

Nein im Ernst, ich sehe die Digitalisierung als Chance und wie wir damit umgehen, ein Stück weit als Salzwiese. Je mehr wir uns darauf einlassen und je mehr eigene Strategien wir für uns entwickeln, desto bunter wird auch wieder unser Alltag sein. Weg vom Menschen als reines Arbeitstier, hin zu einem erfüllten Leben, in dem nicht nur die Lebensqualität wieder einen Platz findet, sondern auch die Berufung.

Mein Buchtipp für euch:

Frau sein. Mensch sein, glücklich sein ... // Autor: Claudia Kerpa

Frau sein, Mensch sein, glücklich sein…

Claudia Kerpa

12,99 €

ISBN-13: 9783749484966

Paperback / 152 Seiten
Verlag: Books on Demand
Erscheinungsdatum: 23.09.2019

Meer, Wohnen & Genießen

Verliebt in den Norden - weil der Norden glücklich macht.

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4 Kommentare zu „Zwischen den Welten“

  1. Sabine Hellberg

    Liebe Claudia, lieber Ralph,

    Ihr habt unsere Zeit, unseren Lebensraum und unseren Fortschritt mit ganz viel Fingerspitzengefühl beschrieben und auch der Historie ihren wichtigen Raum zu geben.
    Ich als 1951-Geborene zähle mich schon zu der Historie zugehörig, konnte mich jedoch auf Grund meiner Erziehung, Bildung und Leidenschaft für alles Neue voller Begeisterung dem Thema Digitalisierung widmen. Als mein Sohn noch lebte, habe ich von ihm lernen können…ich sage nur Commodore, music on the road, einfache Computerprogramme selbst schreiben, von der Kassette über CD bis zum streaming, vom ersten Handy bis zum heutigen hightech smartphone. Auch mein Berufsleben verlief ähnlich und ich bin meiner Firma heute noch dankbar, dass ich durch sie immer die neueste Soft- und Hardware gestellt bekommen habe.
    Es kann auch anders aussehen, so konnte ich z.B. einer sehr liebenswerten älteren Kollegin die Angst vor ihrem ersten Computer nicht nehmen. Ihre innere Sperre vermochte ich nicht zu lösen, leider auch ihr Sohn nicht. Sie ist aus diesem Grund in Frührente gegangen.
    Diese Schattenseiten gibt es leider auch und ich kann Euch nur bestätigen, wer mit Herzblut, viel Kraft und Stärke sich auf zu neuen Ufern macht, der wird oder bleibt glücklich.
    Doch zum Schluss noch ein weiterer Rückblick…Mit 12 Jahren wurde ich wegen meines Asthmas für 6 Wochen nach Wyk auf Föhr verschickt. Von dort aus machten wir einen Tagesausflug nach Hallig Hooge. Schon die Überfährt war ganz rusig und auf dem Weg vom Fähranleger zu den Warften wehte uns stürmischer Wind entgegen. Auch Regenwolken zogen auf. Der Weg schien endlos und wir fühlten uns nicht beschützt und ziemlich ängstlich. Wir zogen unsere Kapuzen immer enger zu, denn wir schafften es nicht vor dem Regen, die schützenden Häuser zu erreichen. Doch endlich öffnete sich die Tür und wir konnten ins Warme und Helle des Hallighauses. Die Wirtin schenkte uns Tee ein und es gab den besten Butterkuchen, den ich jemals gegessen habe. Sie erzählten uns von ihrem Leben auf der Hallig mit ihren Kindern und Tieren und dass sie sich kein schöneres Leben vorstellen konnten. Auf dem Rückweg zur Fähre klarte der Himmel auf und wir sahen auf einmal die Landschaft mit ganz anderen Augen und auch der Himmel und die Nordsee hatten ihre Bedrohlichkeit verloren. Heute noch denke ich voller Dankbarkeit an dieses Erlebnis zurück und erfreue mich an Fotos, auf denen die Halligen bei Hitze über dem Meer zu schweben scheinen. Das Leben auf einer Hallig ist Glück und Unglück, ist Vergangenheit und Zukunft und das ist bestimmt eine gute Mischung.
    Danke für Euren positiven Beitrag ❤

    1. Moin liebe Sabine,

      wow, vielen Dank für deine ausführlichen Zeilen.
      Es ist schon wirklich krass, wie sich die Welt verändert hat und kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst. Dazu brauchen wir eigentlich auch nur in die eigene Familie zu schauen. Auch dort gibt es Personen (älter als wir), einige von ihnen sind völlig affin und andere kriegen nur beim Gedanken daran Pickel.

      So ein Entwicklungsschub ist ganz sicher nicht einfach und viele Menschen brauchen tatsächlich Personen, die sie an die Hand nehmen. Wir selbst gehören auch zu den Menschen, die versuchen am Ball zu bleiben, wenn auch wir ganz sicher nicht zu den Nerds gehören. Aber mir liegt das Thema einfach deshalb so am Herzen, weil auch in vor noch nicht allzu langer Zeit nicht viel damit am Hut hatte. Der Computer im Beruf war zwar schon eine Selbstverständlichkeit, aber da gab es noch lange nicht die Möglichkeiten, wie heute. Und da meine ich nicht nur die vielen neuen Möglichkeiten der Jobgestaltung, sondern auch der Selbstvermarktung. Ich für mich habe so meine Erfüllung gefunden. Durch die Digitalisierung kann ich meine Zeilen in die Welt geben und darf über Social-Media so viele tolle Menschen treffen, von denen wir inzwischen ganz viele im realen kennenlernen durften. Ich darf gemeinsam mit meinem Mann am Ort unserer Träume leben. Und mit derartigen Schritten sind wir nicht allein. Es passiert einfach ganz viel im Positiven, wenn man es schafft, die Angst mal beiseite zu lassen. Ich hoffe sehr, dass wir dazu beitragen können, denn ich denke, wir stehen mit unserem Beispiel in der Tat für ein urbanes Leben auf dem Land.

      Als ich den zweiten Teil deiner Geschichte gelesen habe, habe ich richtig Gänsehaut bekommen. Genau solche Momente durften wir schon so oft hier erleben und sie haben unser Herz bis heute erfüllt. Das ist für mich immer pure Magie. Danke, dass du sie mit uns geteilt hast.

      Liebste Grüße von der Westküste senden dir,
      Claudia und Ralph

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