Ist es der Ort, an dem du geboren wurdest? Deine Familie oder deine Nationalität? Oder doch nur dein Gefühl? Selbst Experten sind sich über die Definition nicht einig. Was Heimat für mich bedeutet, möchte ich dir gerne in diesem Beitrag erzählen.
Im September vor drei Jahren habe ich mich in dem Beitrag „Wie sich das Leben ändern kann“ schon mal mit dem Thema Heimat befasst. Damals standen wir kurz vor unserem Umzug an die Westküste und ich wusste bis dato nicht so recht was Heimat eigentlich für mich bedeutet. Es war so ein großes Wort, mit dem ich lange nichts anfangen konnte. Wie ich in dem Beitrag geschrieben habe, hatten meine Großeltern ihre Heimat verloren, da sie im zweiten Weltkrieg fliehen mussten. Diesen Verlust haben sie nie richtig verwunden und das Gefühl auch auf ihre Kinder und Enkelkinder übertragen. Darüber hinaus sind wir oft umgezogen, somit verband ich mit dem Wort „Heimat“ weder einen Ort, noch ein Land, noch ein Heim.
Insofern war der Begriff Heimat für mich eher an Menschen gekoppelt, bei denen ich mich sicher und geborgen fühlte. Als Kind war das bei meiner Mutter und später, seitdem ich mit meinem Mann Ralph zusammenlebe, natürlich bei ihm.
Vom Suchen und Finden
Ich bin in Schleswig-Holstein geboren und größtenteils auch im Norden aufgewachsen und damit ein echtes Nordlicht. Trotzdem fühlte ich mich damals nicht mit dem Norden verbunden. Ich fand es sogar richtig blöd, wenn man mich als Nordlicht betitelte. Irgendwie vermisste ich lange eine für mich wahre Identität – meine Wurzeln.
Aufgrund dessen, dass meine Großeltern ihre Heimat verloren haben und dieses Gefühl an die nachfolgenden Generationen weitergegeben haben, fehlte mir viele Jahre das Gefühl einer Zugehörigkeit. Daran muss ich auch ganz oft denken, wenn in den Medien von Flüchtlingen die Rede ist, die ebenfalls ihre Heimat verloren haben. Wie mag es ihnen und ihren Nachkommen wohl gehen? Neu ankommen und dazu noch in einer völlig fremden Kultur.
Als Kind hatte mich das noch nicht so gestört, aber je älter ich wurde, desto wichtiger wurde es mir meine Wurzen zu kennen, bzw. eine Identität für mich zu finden. Somit kann ich einigen Experten widersprechen, denn es scheint wohl nicht zu reichen, dass man Heimat an Personen knüpft, sondern es braucht mehr. Zumindest war/ist das bei mir der Fall.
Früher war ich total angetan von der südländischen Lebensart. Insofern machte ich mich immer mehr mit dem Süden vertraut. Der Leichtigkeit des Seins, den Palmen, dem warmen Wetter und überhaupt schien dort alles viel besser als hier. Das Land zwischen den Meeren mit der unendlichen Weite wurde mir einfach zu klein.
Urlaube im Süden, Bilder, Bücher, Filme, alles was mit dem Süden zu tun hatte, wurde verschlungen und aufgesaugt. Alles in der Hoffnung, dort für mich eine Heimat zu finden. Selbst als ich schon mit Ralph zusammen war, ließ ich mich von der Idee, in den Süden zu gehen, anfänglich so gar nicht abbringen. Viel zu verlockend war die Idee.
Warum muss man eigentlich immer erst weglaufen, um ankommen zu können?
Das ist wirklich eine gute Frage, aber manchmal hilft es, wenn man sich auf die Suche begibt, denn dann setzt man sich mit sich und seinem Leben auseinander. Wohl auch mit ein Grund warum so viele Menschen sich auf den Jakobsweg begeben. Auf diesem war ich zwar nicht unterwegs, aber dafür viel an unseren beiden Küsten und das vorwiegend in der Nebensaison. Zeit, um die Natur und die Umgebung neu zu entdecken. Dabei habe ich für mich festgestellt, dass mir das Meer zwar zum Leben wichtig ist, es aber nicht das Meer im Süden sein muss. Im Gegenteil, ich habe für mich herausgefunden, dass ich sogar die unterschiedlichen Jahreszeiten brauche und genieße.
Heimat ist also auch nicht nur ein Ort, sondern ein Gefühl, das man damit verbindet. Es reicht nicht aus, irgendwo neu anzufangen, wenn man mit der Mentalität eigentlich nichts anfangen kann oder sie der wahren eigenen doch fremd und fern ist. Was nicht heißt, dass es viele Menschen gibt, die sich trotzdem in der Ferne wohlfühlen und eine neue Heimat finden können. Ich für meinen Teil habe gerade in den letzten Jahren eine spannende Entdeckung gemacht.
Schon mit dem Tag unseres Umzugs an die Westküste und nach Nordfriesland stellte sich für uns ein Gefühl von Geborgenheit und angekommen sein ein. Es ging uns tatsächlich beiden so. Und je länger wir hier leben, desto fester wird diese Verbundenheit. Was ich für mich ganz putzig finde, denn letztendlich bin ich ja im Norden geboren, aber wohl anscheinend am falschen Ende von Schleswig-Holstein. Noch nie habe ich mich so zugehörig gefühlt wie hier oben. Es ist beinahe so, als hätte ich hier schon immer hingehört. Nichts ist mir fremd – im Gegenteil. Heimat bedeutet nämlich auch, dass man sich mit ihr identifizieren kann.
Nordlicht durch und durch
Da ich es nach wie vor sehr spannend finde, mich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen und wir hier oben die Chance haben, schnell mal eben nach Dänemark zu hüpfen, befasse ich mich nun sehr viel mit dem Norden. Aufgrund der Nähe zu Dänemark ist es vorwiegend deren Landschaft und Kultur, aber es bleibt nicht aus, dass auch Schweden und Norwegen immer präsenter werden. Immer wieder ziehe ich Vergleiche zu deren und meiner Lebensart und entdecke viele Parallelen.
So wie ich früher Dokumentarfilme, Bilder und Bücher vom Süden verschlungen haben, ist es nun der Norden. Ich merke richtig, wie mein Herz zu hüpfen anfängt. Insbesondere, wenn ich die Küstenlandschaften sehe, wird mir ganz warm ums Herz. Was ich dabei ganz spannend finde ist, dass ich nicht mal nach Grenzen gehe (also deutsch/dänisch), sondern der Norden in der Gesamtheit für mich Heimat ist. Als ich im August in Dänemark auf der Messe war, wurde ich gefragt ob ich im Herzen deutsch oder dänisch bin? „Weder noch“ antwortete ich, denn ich fühle mich als Nordlicht. Landesgrenzen gibt es für mich nicht.
Gerade in den letzten drei Jahren, die wir hier in Nordfriesland leben, habe ich für mich festgestellt, dass die nordische Lebensart genau meinen Wurzeln entspricht und nicht das quirlige südländische, wie ich anfangs immer dachte. Nein, das Ruhige, das Nordische, das Geerdete ist genau meins. Hier bin ich und hier darf ich sein wie ich in meinem tiefsten Herzen bin. Und somit bedeutet Heimat für mich nicht nur ein Ort, eine Identität oder ein Gefühl – es ist die Gesamtheit aus allem.
Ich bin dankbar dafür, denn gerade in Zeiten wie diesen gibt es dir ein gutes Gefühl zu wissen, wohin du gehörst und wofür dein Herz schlägt. Was ist mit dir? Was bedeutet Heimat für dich? Bist du noch auf der Suche oder hast du sie schon immer gespürt? Deine Gedanken dazu interessieren mich und es würde mich freuen, wenn du sie mit mir teilst.
2 Kommentare zu „Was bedeutet Heimat für dich?“
Ich fühle mich dort wo ich/wir leben immer so als nicht angekommen so ganz leise ganz hinten. Ich bin hier geboren, habe Familie, Arbeit und ein Dach über dem Kopf. Aber es ist etwas das passt nicht ganz. Jedes mal wenn ich im Norden bin geht es mir und meiner Seele um so viel besser.
Die Umstände lassen es aber nicht zu die Zelte hier abzubrechen. Aber ich arbeite an einer Zweitwohnung und verbringe soviel Urlaub wie möglich im Norden.
LG
Ursula
Moin liebe Ursula,
vielen Dank für deine offenen Zeilen. So ging es mir viele Jahre auch. Dieses Gefühl fing erst leise an und wurde immer stärker. Am spannendsten war für mich die Erkenntnis, dass ich das Meer zum leben brauche, aber es nicht das Meer im Süden sein musste. Ich mag und brauche die Weite im Norden, die Luft, die Gezeiten, die verschiedenen Jahreszeiten. Wer weiß, vielleicht versucht dir deine Seele auch etwas über dich und deine Umgebung zu sagen. Wäre doch ein spannender Prozess.
Liebe Grüße,
Claudia