Es wird Winter in Norddeutschland
Der erste Frost kündigt sich an, dazu Ostwind. D. h. es wird nicht nur knackig kalt, sondern in der Regel bedeutet es auch schöne klare Luft mit viel Sonne, aber was ist schon die Regel.
Väterchen Frost hat Norddeutschland im Griff
Das erste Adventswochenende stand ebenfalls vor der Tür und wir wollten nun endlich mal frei machen. Das ganze Jahr ist nur so verflogen. Da man versucht Job und das freie Projekt MeerART unter einen Hut zu bringen, waren 70-Stunden-Wochen keine Seltenheit, umso mehr hofften wir auf ein freies, sonniges Wochenende.
Väterchen Frost hat Norddeutschland im Griff, doch statt Sonne hat dieser nur Nebel im Gepäck. Da jeder noch so kurze Turn auch für Fotos genutzt wird, scheiterten unsere Pläne an die See zu fahren. Stattdessen verbrachten wir das Wochenende in heimisches Gefilden und hofften auf heute. Unbeirrt wie das Wetter heute auch sein würde, wir wollten unbedingt zur See. Fototasche und Lunchpaket verstaut und los gings.
Gerade die Nebensaison wollten wir nutzen um Orte auf Fehmarn zu erkunden, die im Sommer doch recht voll sind. Also war u.a. Lemkenhafen unser Ziel. Für die Fahrt brauchen wir gute eineinhalb Stunden, die zwischen Vorfreude und Galgenhumor verliefen, denn was am Himmel zu sehen war, war alles andere als Sonnenschein. Je dichter wir der Insel kamen, desto nebliger und matschiger war das Licht. Das reinste Déjà–vu, denn der letzte Aufenthalt verlief ähnlich.
Da standen wir nun in Lemkenhafen und man konnte die Fischerboote kaum erkennen. Was für ein Frust. Wir hielten am Seitenrand, wo man eigentlich nicht anhalten darf, genossen den matschigen Blick auf die Bucht und vertilgten erst mal eine Stulle. Ein Schlachtplan musste nun her, denn bei dem Licht brauchte man den Fotoapparat gar nicht erst den frostigen Temperaturen auszusetzen. Fehmarn glänzt gerade als Weihnachtsinsel, also fuhren wir nach Burg um uns den Weihnachtsmarkt anzugucken. Da standen wir nun mitten zur Mittagszeit auf dem Weihnachtsmarkt. Nicht gerade das Flair, was man sich wünscht. Also wieder weg hier.
Der Himmel führte uns nach Niendorf
Auf dem Hinweg gab es kleine Wolkenlücken über der Lübecker Bucht, sollte das nun Plan B sein? Die Enttäuschung stand uns schon ganz schön ins Gesicht geschrieben, aber das ist halt Natur. Allerdings hätte ich die Meteorologen schon gerne gelyncht. Den Job haben sie dieser Tage nun echt verfehlt. Von den Wolkenlücken geleitet verschlug es uns nach Niendorf. Obwohl es inzwischen schon halb zwei war, hatten wir hier mehr Glück mit dem Licht. Wir überlegten noch kurz wann wir hier zuletzt waren. So recht fiel es uns nicht ein, doch es war zu der Zeit als die ganze Promenade noch im Umbau war.
Da wir immer den Parklatz beim Vogelpark nutzen und dieser recht dicht am Fischereihafen ist, war dies auch unser erster Stopp. Brrr, nach der ganzen Autofahrerei fiel es dem Körper recht schwer sich auf die frostigen Temperaturen einzustellen. Als wir am Hafen standen und uns umguckten, mussten wir an den Winter von 2010 denken, als die Ostsee in Teilen zugefroren war und ganz viele Wasservögel verendeten. Das war ein grausamer Anblick.
Die Schnute immer tiefer in den Schal gedrückt, vorbei an den Fischerhütten ging es zum Strand. Was für eine steife Brise. Letzte Woche hatte ich doch erst über das Reizklima an der See geschrieben. Na, wenn das heute keines war, dann weiß ich auch nicht.
Doch die Luft war so schön, dass sie den Fehlstart den Tages geradewegs vergessen machte. Einfach nochmal schnell die letzten Sonnenstrahlen aufsaugen. Man spürte förmlich wie sich jede Pore des Körpers mit Sauerstoff füllte. Herrlich!!! Der Zwiebellook und die dicken Sohlen unter den Schuhen – die den Gang durch den Strandsand sehr schwer machten – sorgten schnell für die nötige Akklimatisierung.
Der Strand von Niendorf war menschenleer
Wir teilten ihn uns mit allerlei Möwen und angeschwemmten Rosen. Vermutlich Überbleibsel von einer Seebestattung. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dass auch am Totensonntag denen gedacht wird, die sich auf See haben bestatten lassen.
Am Strand kann man sich ja bei jedem Wetter treiben lassen und so standen wir plötzlich vor der neuen 185 Meter langen Seebrücke. Auch diese gehört zu dem Gesamtkonzept der Neugestaltung der kompletten Promenade von Niendorf. Mit ihrer Fertigstellung ging eine vierjährige Bauphase zu Ende, die sich wirklich gelohnt hat. Das Bauwerk ist auf 36 Gründungspfählen errichtet worden. Auf der Seebrücke gibt es drehbare Liegen, Informationsstelen und ein Kinderklettergerüst. Besonderer Clou ist ein hydraulischer Badeeinstieg, denn er kann bis zu 80 Zentimeter tief ins Wasser abgesenkt werden.
Uns zieht es noch weiter Richtung Steilküste, denn Ralph möchte gerne noch ein paar schöne s/w Aufnahmen für seine Inspired Eyes Seite haben. Gesagt getan, da standen wir nun in der eisigen Kälte und warteten bis die Aufnahmen im Kasten waren. Sogar erste Eiszapfen hingen schon an den alten Holzstegen.
Die Sonne hatte sich inzwischen schon komplett verabschiedet. Solange wir in Bewegung waren, hatte ich an den Temperaturen nichts zu meckern, aber so still stehen und warten ist so gar nichts bei dem Wetter. Auch das Hüpfen von einem Bein auf das andere lenkte nicht mehr von den roten Wangen ab, die wir nun eindrucksvoll zur Schau stellten. Im Gegenteil, es fühlte sich an als ob sich auch an uns die ersten Eiszapfen bilden wollten. Noch ein letzter Schuss, bevor die Finger von Ralph ganz abfroren und Rückmarsch.
Zurück gingen wir auf der neugestalteten Promenade von Niendorf. Alle Achtung, das Konzept ist eindrucksvoll umgesetzt worden. Nein ernsthaft, ich finde die echt hübsch. Geschwungen begleitet von kleinen ausladenden Inseln, auf denen Dünengras und Kiefern stehen, schlängelt sie sich durch den Ort. Wirklich zauberhaft. Auch viele der alten Bauruinen machten neuen Objekten Platz. Ich finde die Lübecker Bucht hat sich absolut zum Vorteil entwickelt und muss sich hinter dem neu aufgerüschten Osten wirklich nicht verstecken.
Der hässliche 70iger-Jahre-Schick ist an vielen Stellen verschwunden und durch eine moderne, in die Landschaft passende Neuentwicklung, ersetzt worden. Wirklich großartig.
Übrigens: Am zweiten Weihnachtswochenende ist wieder Fischer Wiehnacht in Niendorf, ein kleiner beschaulicher Weihnachtsmarkt, der gleich mit einem Spaziergang an der Promenade verbunden werden kann.