Ein Ausflug ins Strandräubermuseum in De Koog
Museumsbesuche sind ja eigentlich nicht so unser Ding, aber wenn es um Strandräuber geht, können auch wir nicht widerstehen. Zumal dieses Museum alles andere als staubtrocken ist. Ganz im Gegenteil, an vielen Stellen ist Anfassen und Ausprobieren ausdrücklich erlaubt. Eines kann ich versprechen, aus dem Staunen kommt man so schnell nicht wieder raus.
Jutter – so werden hier die Strandräuber genannt, streifen am Strand umher auf der Suche nach allem, was die Nordsee anspült und was davon verwertbar erscheint. Strandräuberrei (jutten) war früher für die Bewohner sogar lebensnotwendig, da es an den oft sehr armen Küstenregionen nicht viel gab und schon gar nicht auf den Inseln. Also wurden die Strände regelmäßig nach Brauchbarem abgesucht, was entweder selbst verwertet oder sogar veräußert werden konnte.
Nicht immer blieb es beim passiven Strandraub. Die Versuchung aktiven Strandraub zu bedienen war natürlich groß. In stürmischen Nächten wurden sogar öfters falsche Leuchtfeuer gelegt, um Schiffe zum Stranden zu bringen. Diese wurden dann nur zu gern geplündert. Nicht selten verlor die Besatzung dabei ihr Leben.
Das vor 75 Jahren gegründete Strandräubermuseum in De Koog ist sogar das größte auf der Welt. Die Ausstellungsfläche ist auf einem alten Bauernhof untergebracht. In den verschiedenen Scheunen sowie im Außenbereich gibt es eine bunte Sammlung von Gegenständen, die in über siebzig Jahren zusammen getragen wurden.
Und was dort alles in Massen zu finden ist: Rettungsringe, Plastikhandschuhe, Fernsehgeräte, Radios, Schutzhelme der Arbeiter von Ölbohrinseln, hunderte Glasflaschen mit Flaschenpost, Schuhe, Rettungswesten, Fischernetze, Kisten, Bojen, Teile von Schiffswracks, Fahrräder und und und…
Eine derartige Vielzahl habe ich so zuvor noch nicht gesehen. Viele dieser Gegenstände wurden zum Teil von texeler Nordseefischern aufgefischt und hierher gebracht. Für Fischer ist es inzwischen Alltag, dass neben Fisch auch allerlei unerwünschter Beifang im Netz landet. Wenn ich mir ausmale, dass auch dies nur ein Bruchteil von dem ist, was in unseren Meeren schwimmt, wird mir ganz schlecht.
Es ist faszinierend und abscheulich zugleich. Besonders wenn man bedenkt, wie schädlich all der Plastikmüll für unsere Umwelt ist. Ich kann aber nicht leugnen, dass einige der Gegenstände sogar mein Sammlerherz erobert hätten.
Das eine oder andere Mal kann man schon von etwas Neid sprechen, denn derartige Funde wie diese Kisten hier, hätte ich auch gern gemacht. Stattdessen finden wir neben schönen Holzstücken fast immer nur Plastikmüll.
So chaotisch es auch erscheinen mag, weil du von den Funden echt erschlagen wirst, aber du spürst die Liebe und Hingabe, mit der dieses Museum betrieben wird. Zum Teil hat man versucht, die einzelnen Scheunen sogar nach Themen zu sortieren.
In der Scheune 1 befindet sich sogar ein Kino. Dort wird u. a. ein Film über die verschiedenen Strandungen auf Texel gezeigt, natürlich mit vielen spannenden Geschichten rund um das Thema Strandgut und Strandräuberei (allerdings nur in niederländischer Sprache).
In einer anderen Scheune wird sich dem Thema Seenotrettung und Fischerei gewidmet. Hier steht auch das berühmte Rettungsboot „Joan Hodshon“, das im Jahre 1945 während des Aufstandes der Georgier mitten in der Nacht nach Großbritannien auslief, um Hilfe zu holen. Da der Krieg schon fast zu Ende war, wurde aus der Hilfe von britischer Seite nicht wirklich was.
Im Empfangsraum, wo Jan immer frischen Kaffee und Schokolade heiß und frisch bereit hält, hängt eine Sammlung von Namensschildern aus Kupfer und Bronze. Die haben zwar nichts mit dem Sammeln von Strandgut zu tun, sind aber ebenfalls sehr sehenswert.
Im Außenbereich befinden sich weitere Kuriositäten. Von Rettungskapseln bis hin zu Motoren von Flugzeugen, ja sogar ein Leuchtturm befindet sich auf dem Gelände. Hier darf der Besucher sogar einen Blick in die Rettungskapseln werfen.
Auch ein Spielplatz für Kinder befindet sich auf dem Hof, denn, wie ich anfangs schon erwähnte, hier wird es gerne gesehen, wenn sich die Besucher länger aufhalten. Sogar picknicken ist erlaubt. 😉
Die Lage von Texel begünstigt durch Wind und Wellen das Treiben der Strandräuber auf den Watteninseln. Denn nur 35 Kilometer nördlich der Eilande verläuft eine der meist befahrenen Schifffahrtsrouten der Welt zwischen der Straße von Dover und den deutschen Nordseehäfen. Die kritische Zone in der Nordsee ist und war das VL-Center.
Heutzutage ist hier keiner mehr von der Strandräubererei abhängig, dennoch ist die Leidenschaft geblieben. Viele Einheimische berichteten uns, dass sie nach einem Sturm nichts mehr hält. Die Arbeit wird quasi liegengelassen und ganz Texel befindet sich am Strand auf der Suche nach den besten Schätzen.
Ein Besuch in diesem Museum ist absolut lohnenswert und ich kann es jedem empfehlen, der nur einen Hauch von Sammelleidenschaft in sich trägt.
Schipbreuk- en Juttersmuseum FloraPontweg 141 a
1796 Ma De Koog
8 Kommentare zu „Strandräuberei hat eine lange Tradition“
Ja, ist mir auch so ergangen: So witzig, wie die „aufgespießten“ Handschuhe, Schwimmflossen und die bunte Helmsammlung aussehen, so erschreckend sind sie auch. Ich war von der Menge wie erschlagen. Witzig fand ich die vielen Flaschen, von denen einige ja uralt waren. Auf einer Schnapsflasche stand: „Nach original isländischen Rezept“ – klar, das mir das ins Auge gestochen ist : ) Verrücktes Museum! Sonnige Grüße, Jutta
Liebe Jutta,
witzig war das in der Tat und es sieht auf den Fotos auch echt lustig aus, aber wie schon gesagt, es ist ja nur ein Bruchteil dessen. Auf jeden Fall ist die Idee davon ein Museum zu machen echt schön und die haben es ja auch wirklich anschaulich rüber gebracht.
Herzliche Grüße,
Claudia
Hallo Ihr Beiden,
darauf hab ich doch gewartet!!!!!!
Super Bericht und klasse Bilder!!!!!
Aber mal ehrlich…man muss es gesehen haben…
Liebe Grüße
Harald
Lieber Harald,
das dachten wir uns doch, dass dir dieser Beitrag gefällt. 😉
Das Museum ist aber auch wirklich sehenswert, schade nur, dass so wenige diese Leidenschaft teilen.
Herzliche Grüße auf die Insel,
Claudia + Ralph
herrlich, dat ganze Gelumpe :-)))))
muss mir grad vorstellen, so im Zeitraffer, wie die nach´m Sturm alle an´n Strand rennen… 🙂
tja das mit dem Plastikmüll is so´n Ding 🙁 was aber da gelandet is, schwimmt zumindest nich mehr im Meer 😉
hach wieder 1A!!! Danke Euch!!!
Allerliebste Grüsse aus Bad Ems
Christa
Liebe Christa,
wir danke dir. 😉
Das muss echt lustig aussehen. Ein Bauer und Hotelier erzählte uns auf recht amüsante Weise, dass wenn Sturm ist, sie (d.h. er und sein Sohn) alles stehen und liegen lassen und an den Strand flitzen, um zu gucken was angespült wurde. Muss echt lustig sein. Da denke ich mir dann immer wie gut die Leute das haben, an der Nordsee, besser noch auf einer Insel zu leben. Stell dir nur das ganze Gelumpe vor. 😉
Wir grüßen dich ganz herzlich zurück.
Claudia
Heute was für’s Herz: Seehundbaby ohne Mutter am Strand von Texel! Gerne liken und teilen, damit bei vergleichbaren Fällen ebenfalls die Seehundstation Ecomare verständigt wird: http://www.texel-porsch.de/2015/06/seehund-remko-2/
Moin Oliver,
ja das wäre sehr wichtig, damit den kleinen Heulern schnell geholfen werden kann. 😉
Liebe Grüße,
Claudia