Westerhever hat noch viel mehr zu bieten als nur den Leuchtturm, und das wollten wir uns nun endlich auch mal angucken. Die Sonne lacht, es weht eine steife Brise (die wirklich nicht zu knapp) und wir haben Niedrigwasser. Beste Voraussetzungen, um sich auf die endlose Weite zwischen Salzwiesen und Meer einzulassen. Westerhever liegt an der nordwestlichen Spitze der Halbinsel Eiderstedt und war früher mal eine Insel, die im 12. Jahrhundert besiedelt wurde.
Unser Auto haben wir auf den Parkplatz bei dem Info-Hus abgestellt und sind dann zu Fuß über den Deich, an bzw. durch die Schafherde und ihren Hinterlassenschaften durch, 😉 in Richtung Leuchtturm. Da wir einen Tag im Herbst erwischt haben, der noch zugvogelfrei war, herrschte hier eine kaum vorstellbare Stille. Lediglich der Wind (der einen schon fast aus der Jacke wehte) und ein paar blökende Schafe.
Diese Weite ist unfassbar schön
Überwältigt von der endlosen Weite haben wir unseren Blick auf den Rettungsturm gelenkt, um für unseren Marsch erst mal einen Fixpunkt zu haben. Soweit das Auge reicht, einfach nur Weite. Was für ein Freiheitsgefühl.
Diese Wattlandschaft ist wieder komplett anders als die in St. Peter-Ording. Irgendwie erinnert das noch mehr an eine Mondlandschaft, oder vielleicht auch schon ein wenig an den Salzsee in Bolivien. Hier hat man die ganze Zeit richtig festen Boden unter den Füßen und es geht sich wirklich prima, selbst mit Schuhwerk, denn für uns war es, um barfuß zu laufen, echt zu kalt.
Am Rettungsturm angekommen, den natürlich auch geentert, hat man einen wahnsinnigen Blick. Bis auf die Tatsache, dass der Wind schon langsam in Sturm übergeht und Ralph es kaum geschafft hat, die Kamera still zu halten, um dieses Beweisfoto zu erstellen, ist es einfach nur traumhaft. Dass sich hier,auf den vorgelagerten Sandbänken die Vögel zum brüten zurückziehen, kann ich voll verstehen.
Ik will an´t Meer…
Als wir hier auf dem Turm standen und unsere Blicke Richtung Horizont streiften und irgendwo da draußen die erste Hallig erspähten, stellten wir uns vor, wie es wohl sein muss, wenn man tatsächlich in Not geraten würde und hier auf dem Turm eine Flut lang aushalten müsse. Irgendwie nicht gerade die romantischste Vorstellung. Wir sind dann noch weiter raus bis zum Wasser, um dann einen großen Bogen wieder Richtung Leuchtturm zu nehmen. Während wir da so lang liefen, musste ich die ganze Zeit an einen Song von Ina Müller denken…
…“Ik will an´t Meer, Plattbarft dör´n Sand bi windig Weder, Un lopen, bit dat we deiht, De Wind mi ut´n Moors flait“….
Auch wenn dieser Song für Sylt gilt, finde ich, dass er auch für diesen Ort gelten könnte, denn zum Seele baumeln lassen ist es einfach fantastisch. Hier gibt es wirklich keinen Massentourismus – zu keiner Jahreszeit – die Menschen verlaufen sich hier noch viel mehr als in St. Peter-Ording. Den Strandabschnitt von Ording kann man von hier aus auch prima sehen, man könnte fast meinen, ihn auch zu Fuß erreichen zu können.
Die Schutzstation Wattenmeer
Langsam näherten wir uns wieder dem Leuchtturm mit seinen beiden baugleichen Häusern. In den Gebäuden ist die Schutzstation Wattenmeer untergebracht. Jedes Jahr werden in den Stationen zahlreiche Plätze, im neuen Bundesfreiwilligendienst, im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) sowie Praktika angeboten. Um den ökologischen Zustand des Wattenmeeres kompetent beurteilen zu können, wirkt die Schutzstation an verschiedenen wissenschaftlichen Beobachtungsprogrammen mit: Zählungen der Rast- und Brutvögel, der Wattbodentiere und Beobachtungen von Strandverschmutzungen. Außerdem bietet sie geführte Wattwanderungen an. Von so einer wurden wir auch Zeugen, als ein junger Mitarbeiter eine Schulklasse durch die Salzwiesen und das Watt führen wollte. Es ist schon lustig zu sehen, wie sie sich mit geschlossenen Augen an die Hand nehmen sollten, um barfuß durch den ersten Schlick zu tapsen. Das Geschrei war riesengroß. 😉
Aber mal ernsthaft, wir finden die Arbeit, die dort geleistet wird, richtig toll. Wären wir noch einmal in dem Alter, dann würden wir glatt selber an so einem Jahr teilnehmen.
Auf dem Rückweg vom Leuchtturm über den Stockenstieg blicken wir noch einmal auf diese einmalige Salzwiesenlandschaft, die trotz, dass sie schon ausgeblüht hatte, nichts von ihrer Faszination verloren hat. Für uns geht es wieder an blökenden Schafen vorbei, über den Deich zum Auto.
Übrigens: Der Stockenstieg ist geschütztes Kulturdenkmal. Er führt vom Landesschutzdeich durch einen Randbereich des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Es ist ein 45 cm breiter, mit Ziegeln geklinkerter historischer Weg durch das Salzwiesen-Vorland.