Einmal auf einer Hallig zu übernachten war schon immer unser Traum. Nirgendwo sonst kann man dem Meer so nah sein und noch festen Boden unter den Füßen haben. Meistens jedenfalls.
Die Halligen sind nämlich nicht eingedeicht (außer Hooge, die haben einen Sommerdeich), was bedeutet, dass sie regelmäßig überflutet werden. Das kann bis zu 30 Mal im Jahr passieren.
Ganz besonders im Herbst und Winter heißt es auf den Halligen ziemlich oft „Land unter“. Ein beeindruckendes Naturschauspiel, bei dem in Extremfällen dann nur noch die Häuser auf den Warften aus dem Wasser ragen. Warften sind künstlich aufgeschüttete Erdhügel, auf dem die Häuser stehen. Nur so können Mensch und Tier die Sturmfluten unbeschadet überstehen.
Von den zehn Halligen an der nordfriesischen Westküste ist Langeneß mit ihren knapp zehn Quadratkilometern die größte und längste. Dauerhaft leben hier ca. 113 Bewohner, verteilt auf 18 Warften. Ihr Einkommen bestreiten die Hallig-Bewohner durch die Landwirtschaft, dem Küstenschutz und natürlich durch den Tourismus.
Langeneß die Zweite
Neben Sturmfluten gibt es bei uns an der Westküste noch ein ganz anderes Naturschauspiel – Ostwind. Bei Ostwind wird das Wasser der Nordsee derart weit herausgedrückt, dass die Fähren die Inseln und Halligen teilweise nur schwer bis gar nicht mehr ansteuern können. Ein Umstand, mit dem man hier an der Küste leben muss. Es kommt nicht selten vor, dass der Tag dann ganz anders läuft als geplant. So erging es uns nun gleich zweimal.
Vor zwei Wochen hatten wir herrlichsten Schneefall und wir freuten uns schon so sehr, Langeneß im tiefsten Schnee erleben zu dürfen. Diese Rechnung hatten wir nur nicht mit dem Ostwind gemacht. Die Fähre, die uns von Schlüttsiel nach Langeneß bringen sollte, konnte die Hallig aufgrund von Niedrigwasser nicht verlassen. Das wäre jetzt noch nicht das Hauptproblem für uns gewesen, aber am nächsten Tag sollte es nur eine einzige Fähre zurück geben und ob die fahren könne, konnte uns von der Reederei nicht zugesagt werden. Schweren Herzens hatten wir dann den Trip verlegt.
Zwei Wochen später standen wir wieder mit gepackten Taschen startklar für die Hallig, als wir abends einen Anruf vom Hotel bekamen, dass unsere 10-Uhr-Fähre nicht fahren würde. Wir hatten wieder diesen besagten Ostwind und entsprechend Niedrigwasser. Überhaupt würde an diesem Tag (es war ein Donnerstag und eigentlich der Versorgungstag der Hallig) von drei Fähren nur eine fahren, und zwar um 12:15 Uhr. Wir würden zwei Stunden vom Tag auf der Hallig verlieren, aber ansonsten ja nicht so schlimm.
Über Nacht verschlimmerte sich der Sturm aus Ost. Morgens vor der Abfahrt kam der zweite Anruf vom Hotel. Die Fähre, die uns am Freitag wieder zurückbringen sollte, würde nicht um 15:15 Uhr fahren, sondern schon um 10 Uhr. Sollten wir wieder verschieben? Diesmal nicht. Wir nahmen die Herausforderung an, auch wenn aus einem Zwei-Tages-Trip plötzlich nur noch einer wird.
Die Anreise von Schlüttsiel
Von uns aus brauchen wir nur knapp zehn Minuten mit dem Auto bis nach Schlüttsiel. Die Parkgebühren mit zwei Euro am Tag sind wesentlich angenehmer im Vergleich zu Dagebüll. Für unseren Anreisetag waren Windstärken von acht bis neun angesagt, die wir auch zu spüren bekamen. Der Wind fegte uns regelrecht über den Deich. Wie mag sich das wohl auf der Fähre anfühlen?
Unter die Fahrgäste mischten sich Urlauber wie Hallig-Bewohner. Da die Autofähre aufgrund des Niedrigwassers nicht fahren konnte, wurde kurzerhand alles auf die Personenfähre verladen. Post, Lebensmittel, alles was man so auf der Hallig braucht und natürlich das Gepäck der Urlauber. Normal dauert die Überfahrt mit Zwischenstopp auf Hallig Hooge zwei Stunden. Heute, bei starkem Wellengang, was das An- und Ablegen erschwerte, viel länger.
Endlich auf Langeneß angekommen, wurden wir vom Hotel-Shuttle in Empfang genommen und zum Hotel Anker’s Hörn auf die Mayenswarf gebracht. (Mehr zum Hotel im Meer erfahrt ihr im nächsten Beitrag) Nach einem kurzen Check-Inn hielt uns erstmal nichts mehr, denn aufgrund der Fahrplanänderungen hatten wir nur ein paar Stunden, um die Hallig zu erkunden. Als uns angeboten wurde die Fahrräder zu nehmen, guckten wir uns ein wenig ungläubig an. Aufgrund des Sturms konnten wir uns so schon kaum auf den Beinen halten, wie hätten wir da mit den Fahrrädern auch nur einen Meter vorwärts kommen sollen?
Da schnappten wir uns doch lieber unsere Gummistiefel und stratzten zu Fuß los. Wohin nur zuerst? Mit dem Wind oder gegen den Wind? Eigentlich ganz gleich, denn irgendwann trifft er dich eh von vorne. Nach einer kurzen Orientierungsrunde um das Hotel entschieden wir uns Richtung Leuchtturm zu gehen. Ein Rundweg von ungefähr fünf Kilometern.
Bei Wind und Wetter
Jedes Jahr im Frühjahr (meist im April) wird es geschäftig auf den sonst so ruhigen Halligen. Nämlich dann, wenn die Ringelgänse zu Tausenden auf den Salzwiesen der Halligen sitzen und sich Reserven für den langen Flug in die sibirischen Brutgebiete anlegen. Die ersten Ringelgänse waren jetzt schon da und es tat uns richtig leid, dass sie sich genötigt fühlten mit lautem Geschnatter von den Salzwiesen aufzufliegen, wenn wir des Weges kamen. Auch sie hatten einiges damit zu tun, sich gegen die starken Böen durchzusetzen. Teilweise standen die – etwas behäbig wirkenden – Vögel richtig in der Luft.
Die unendliche Weite auf einer Hallig, überall umgeben von der Nordsee, ist nochmal ganz etwas Anderes als auf einer Insel oder gar auf dem Festland. Und doch hätte ich gedacht, dass man sich irgendwie einsamer fühlt. Auf Langeneß hatte ich das Gefühl irgendwie nicht. Egal wohin man blickt, am Horizont taucht immer eine andere Hallig oder Insel auf. Und dennoch, fürs Hallig-Leben muss man geboren sein.
Wir hatten heute Nachmittag sogar noch richtig Glück mit dem Licht. So konnten wir noch viele schöne Motive auf unserem kleinen Rundgang einfangen. Als sich die Sonne so langsam am Horizont neigte und der Wind sind dann gleich noch viel bissiger anfühlte, gingen wir zum Hotel zurück und freuten uns richtig auf unser Abendmenü.
Abfahrt mit Hindernissen
Am nächsten Morgen blieb uns leider nur noch die Zeit für ein Frühstück, denn unser Hotel-Shuttle brachte uns gegen 9:30 Uhr bereits zurück zur Fähre. Ui… der Wind hatte kräftig zugelegt und wir hatten im Fährhafen reichlich Probleme unser Gepäck beisammen zu halten. Das war nicht die einzige Überraschung für den Tag. Die Fähre lag trocken und konnte die Abfahrtszeit nicht einhalten. Uns blieb nichts anderes übrig als abzuwarten. Irgendwann würde das Wasser unter dem Kiel reichen, um starten zu können.
Nach einer guten Stunde war es soweit und die Fähre konnte ihre Rückreise antreten. Wir fuhren mit ziemlich hohem Wellengang, der uns beiden Gott sei Dank nichts ausmacht, wieder über Hallig Hooge und diesmal auch über Hallig Oland zurück zum Fährhafen nach Schlüttsiel. Damit ging ein spannender, aber viel zu kurzer Hallig-Trip für uns zu Ende. Es war aber einer, der Appetit auf mehr gemacht hat.
Für alle, die mehr Zeit auf der Hallig haben, hier noch ein paar sehenswerte Ziele:
- Kapitän Tadsen Museum auf Ketelswarf (Halligmitte) – immer um 13:30 Uhr (außer sonntags) findet dort eine Führung statt (Dauer ca. 25 Min.) – Anmeldung für Gruppen ab 10 Personen unter 04684 217.
- Halligkirche Langeneß, immer geöffnet, Führungen für Gruppen möglich (04684 245)
- Bockmühle Ketelswarf und Nachbau der Segellore
- Leuchtturm Langeneß (nicht begehbar) – über den Rundwanderweg ab Rixwarf zu erreichen.
- Wattwanderungen – werden angeboten von der Schutzstation Wattenmeer
2 Kommentare zu „Langeneß: Einmal Hallig und zurück“
Schon auf dem Fotoplan 2018… eine Hallig Fotostory. Danke für den tollen Artikel.
LG von der Insel sendet Daniela
Moin Daniela,
danke dir. Was für eine schöne Idee. Wir möchten uns auch so nach und nach alle vornehmen und freuen uns schon riesig drauf.
Liebe Grüße von der Westküste,
Claudia