Aus dem einstigen Fischerdorf wurde ein beliebter Ferienort für Badegäste
Wie viele Orte war Hohwacht durch Landwirtschaft und Fischerei geprägt, doch nichts bleibt wie es einst war und so ist heute der Tourismus die Haupteinnahmequelle. Auch wir waren schon so oft hier und dennoch ist uns, wie uns nun bewusst wurde, bisher vieles entgangen. Der heutige Besuch ist daher nicht nur ein gewöhnlicher wie so oft, sondern vielmehr eine kleine Zeitreise.
Nicht, dass ihr denkt, dies sei so geplant, im Gegenteil, mir wurde es erst bewusst, als man sich mal die Zeit nahm und sich die vielen Texte und Bilder an den Schautafeln verinnerlichte. Die Augen waren bisher nur auf die traumhafte Bucht gelenkt, das Abschalten und Runterkommen. Wochenenden, die man im Sommer zum Sonnenbaden hier verbracht hatte.
Einst ging es ums nackte Überleben
Wie anderenorts auch, ging es hier früher um das nackte Überleben. Die Fischer fuhren zur See um Fisch für den Eigenverbrauch zu fangen. Ein weiterer Teil wurde verkauft um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern. Sicher ein beschwerliches Leben, klein aber fein.
Seine ursprüngliche Bedeutung als Hafen hatte Hohwacht bereits Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund der neu gebauten Bahnstrecke Malente-Gremsmühlen–Lütjenburg verloren, dennoch lebte der Fischerort als solcher weiter.
Schöne Bilder und Informationen dazu gibt es bei den Fischerhütten, denn die stehen auch heute noch am Strand. Wenn viele von ihnen auch nicht mehr als solche dienen, sondern auch Surfschulen hier ihren Platz gefunden haben, verleihen sie dem Ort Tradition und Moderne.
Überhaupt ist der Spagat, den die meisten (Menschen wie Orte) im Laufe ihres Lebens durchlaufen müssen, in diesem einstigen Fischerdorf allgegenwärtig. Das wird einem auch gerade jetzt bewusst, denn es ist Mittagszeit, während die Türen der Fischerhütten geschlossen sind, sind die der Surfschule offen.
Viele der alten Wohnhäuser sind inzwischen zu Ferienhäusern geworden. Gemütlich und fein reihen sie sich aneinander ohne aufdringlich zu sein. Das gelingt sogar mit Neubauten wie diesem hier. Obwohl ein ganz anderer Stil, wirkt es als wäre es schon immer hier gewesen. Detailverliebt und einfach nur nett anzuschauen.
Unsere Reise geht weiter, teils am Strand, teils an der Promenade. Die Boote, die sich im Wasser hin und her bewegen, strahlen eine unheimliche Ruhe aus und haben schon fast etwas Hypnotisierendes an sich.
Natürlich hat Hohwacht auch eine Seebrücke, doch diese kommt nicht pompös sondern eher bescheiden daher, wie der Hohwachter selbst.
Mit offenen Augen durchs Leben gehen
Während mein Blick so über die Bucht streift, merke ich wie meine Gedanken immer wieder abschweifen und ich frage mich welches Leben wohl das zufriedenere ist – früher oder heute? Gerade nach dem Krieg, als es um den Wiederaufbau ging, waren alle voller Zuversicht und trotz beschwerlicher Zustände sehr glücklich. Heutzutage zieht das Leben an den meisten nur so vorbei. Begriffe wie Burnout und Entschleunigung gehören zum Alltag. Die Menschen sind so mit sich beschäftigt, dass sie nicht mehr in der Lage sind die Kleinsten, meist schönen Dinge um sich herum wahrzunehmen. Was ist mit euch: seid ihr zufrieden mit eurem Leben?
Die Badehütten von Hohwacht
Das ging uns vor nicht allzu langer Zeit auch noch so und so hatten wir eine weitere Besonderheit von Hohwacht immer übersehen. Die alten Badehütten, die es so in Deutschland nirgendwo mehr geben soll, stehen in den Dünen, den Rücken geschützt vom Wald mit Blick auf die Ostsee.
Hätten wir die Schautafel dazu nicht gesehen und die Geschichte die dahinter steckt, ich glaube, dann hätte ich sie einfach nur als olle Gartenhäuschen abgetan, die hier eigentlich nicht reinpassen.
Die ersten Badehäuser lösten die ursprünglichen Badekarren ab. Fast alles war erlaubt, nur das Kochen nicht, und so verschwand das Essen schon mal schnell unter dem Bett, wenn der Strandwächter seine Runden drehte. Viele dieser Hütten sind immer in Familienbesitz geblieben und so sind es heute die Enkel, die diese Tradition weiter leben.
Wenn ich mir die zufriedenen Gesichter auf den Schautafeln so angucke und mich gleichzeitig hier so umsehe und die Leute beobachte, dann fehlt in vielen Gesichtern das gewisse Entspannte. Hat der Alltag uns so im Griff, dass wir es nicht mal schaffen im Urlaub unseren Gedanken freien Lauf zu lassen? Abzuschalten?
Hohwacht hat den Spagat geschafft zwischen Tradition und Moderne
Hat wilde Zeiten hinter sich gebracht und dabei nie den Charme und Stolz verloren. Ich wünsche mir, dass es viel mehr Menschen schaffen, dem Alltag zu entfliehen und die schöne Natur, in der wir leben, zu genießen. Das Leben ist zu kurz, um sich dem Hier und Jetzt zu versperren.
Wie heißt es ebenfalls so schön auf einer dieser Schautafeln, mit offenen Augen durchs Leben gehen und die Wunder der Natur entdecken. Und wenn es nur die schönste Muschel oder sogar ein Bernstein ist. Dies ist jedenfalls der perfekte Ort dafür.
2 Kommentare zu „Hohwacht – einst ein altes Fischerdorf“
Hallo Ihr Zwei,
ist mal wieder ein toller Bericht geworden, der sehr zum Nachdenken anregt. Das Leben ist in der Tat zu kurz, um nichts mehr um sich herum wahrzunehmen.
Danke Dir, das ist lieb. Vielleicht gelingt es ja mit der Zeit, dass mehr und mehr das Leben wieder richtig genießen können.
Lieben Gruß Claudia