Was kommt euch als erstes in den Sinn, wenn ihr an die Halbinsel Eiderstedt denkt? Vermutlich auch unendliche Wiesen und Deiche, auf denen zahlreiche Schafe grasen. Natürlich auch der nicht enden wollende Sandstrand von St. Peter-Ording und der wunderschöne Leuchtturm in Westerhever. Aber was ist mit Haubarge? Kennt ihr die?
Wir für unseren Teil müssen gestehen, dass wir die Bauten zwar sehr oft wahrgenommen haben, uns aber lange über deren Sinn und Zweck keinen Kopf gemacht hatten. Bis ich eines Tages auf einen Bericht im NDR aufmerksam geworden bin, bei dem es vor allem um die niederländischen Einflüsse auf Eiderstedt ging. Das fand ich schon deshalb spannend, da wir, seitdem wir unseren Blog MeerART betreiben, schon oft auf niederländische Spuren im gesamten Norden aufmerksam geworden sind.
Vom Nachbarn lernen
Mit Sicherheit jedem bekannt sind Holländerwindmühlen, die unser Landschaftsbild maßgeblich geprägt haben. In zahlreichen Seefahrer- und Bauernhäusern ist man noch heute stolz auf die typischen Wandfliesen.
Mit dem Leben am Wasser kennen sich die Niederländer bestens aus und so verwundert es nicht, dass auch die aus den Niederlanden stammenden Bauernhäuser – die Haubarge auf Eiderstedt Einzug erhielten. Auch beim Deichbau setzte man schon früh auf das Know-how der Niederländer. Ein kulinarisches Erbe ist u.a. der Käse, der aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist.
Wie ihr euch sicher denken könnt, wurden viele dieser Neuerungen von den Einheimischen anfangs kritisch beäugt und heute ist man richtig stolz auf so viel kulturelles Erbe.
Was macht Haubarge so besonders?
Auf den ersten Blick wohl erstmal die imposante Größe. Allein die Dachfläche eines Haubargs beträgt nicht selten um die 1.000 m². Meistens sind oder waren sie mit Reet gedeckt. Haubarge haben einen rechteckigen, bzw. beim vierständrigen Haubarg quadratischen, Grundriss. Dabei handelt es sich um Ständerbauten, bei denen das Haus hauptsächlich von vier, sechs oder acht (in seltenen, nicht mehr erhaltenen Fällen zehn) Ständern getragen wird. Die Ständer sind mit Längs- und Querbalken (Pfetten) verbunden.
Diese Bauweise macht Haubarge besonders widerstandsfähig gegen Naturgewalten. Insbesondere Stürme und Sturmfluten konnten den Häusern nur selten etwas anhaben. Selbst wenn eine Sturmflut die Mauern eindrückte, hielten die Ständer noch das Dach. So blieb die Grundstruktur des Hauses unbeschädigt. Des Weiteren erleichterte diese Bauweise auch die Erneuerung des Mauerwerkes, denn dies begann nach etwa 100 Jahren auszusalzen und musste ersetzt werden.
Das Wort „Haubarg“ kommt von „Heu bergen“
Damals war es keine Seltenheit, dass Mensch und Tier unter einem Dach lebten. Darum wurde auch viel Platz benötigt, um das Heu und das Korn einzulagern. Beides wurde in der Mitte des Haubargs hoch gestapelt. Um diese herum befand sich die Tenne (Lohdiele), auf der im Winter das Korn gedroschen wurde. Hinzu kamen die Stallungen für Pferde (Peerboos), Rinder (Boos), das Kleinvieh.
Außerdem der Wohnteil, mit den Wohnräumen (Döns), Schlafverschlägen (Alkoven), dem Pesel und natürlich die sogenannte „goode Stuuv“. Diese wurde, wie früher üblich, nur zu besonderen Anlässen genutzt. (Erinnert irgendwie an die eigenen Urgroßeltern) 😉
Der Großbauer hatte mit seiner Familie sein Schlafgemach in Wandbetten (Alkoven) nahe dem „Pesel“, der sogar beheizbar war, während das Hofgesinde nur durch das Vieh und das gelagerte Stroh und Heu in ihren Verschlägen gewärmt wurde.
Bekannte Haubarge auf Eiderstedt
Der Rote Haubarg mit seinen 99 Fenstern, in der Nähe von Witzwort, ist wohl der bekannteste. Er heißt zwar roter Haubarg ist in Wahrheit aber weiß (siehe Titelbild). Neben einer Gastronomie in den historischen Räumen beinhaltet er ein Museum, das einen Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt der ehemaligen Bewohner gibt.
Der Tofthof in Westerhever ist einer der wenigen Haubarge, die 2005 noch landwirtschaftlich genutzt wurden. In dem Haubarg Die Riep bei Oldenswort wurde der Soziologe Ferdinand Tönnies geboren. Ein weiterer gut erhaltener und der Öffentlichkeit zugänglicher Haubarg ist der Mars-Skipper-Hof in Kotzenbüll.
Außerhalb von Eiderstedt
Im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel befindet sich ein wiederaufgebauter Haubarg aus Witzwort. Einer der ältesten Haubarge (Gården Rothelau) aus der Nähe Tönnings wurde 1956 vom Dänischen Nationalmuseum erworben und ist seit 1960 im Freilichtmuseum im dänischen Lyngby aufgebaut.
15 Kommentare zu „Haubarge auf der Halbinsel Eiderstedt“
Ja hab den Beitrag jetzt gelesen, sehr interessant und informativ, Der Rote Haubarg in Witzwort, haben dort Friesentorte gegessen, lecker Glg. Eure Seite Ist wunderbar!!!!!!!
Moin Waltraud,
freut uns, dass du so leckere Erinnerungen an Eiderstedt hast. Die Friesentorte gehört ja auch irgendwie dazu. 🙂
Danke für das Kompliment und
liebe Grüße,
Claudia
Moin Ihr Lieben,
sehr interessant und spannend. Zur Zeit wird ein Haubarg auf Eiderstedt kernsaniert und in luxuriöse Wohnungen umgebaut zu Preisen, die einem die Luft wegnehmen… 😉
Ach ja, so ein Haubarg wäre auch was für Euch, stimmt’s? Leider unbezahlbar, seufz.
Liebe Grüße von der größten Träumerin unter der Sonne
Martina
Moin Martina,
danke, das freut uns. 🙂
Das glaube ich… wenn die einer saniert, dann richtig damit sich das von den Kosten auch lohnt. In Tating gibt es auch einen sanierten.. Ich glaube „Blumenhof“ nennt der sich. Nur dadurch, dass der Besitzer den Haubarg zu Ferienwohnungen umgebaut hat, ist es ihm möglich diesen weiter zu unterhalten.
Für uns? Ne… diesmal nicht. Die sind uns wirklich eine Nummer zu groß. 😉
Ganz liebe Grüße,
Claudia
Der Rote Haubarg in Witzwort ist ein ganz wundervoller Platz, den sich auch einige Paare aussuchen, um dort zu heiraten. Ich fotografiere wahnsinnig gern dort, denn glückliche Paare vor unwiderstehlicher Landschaft und diesem historischen Bau sind perfekt.
Danke für diesen interessanten Beitrag, habe noch etwas dazugelernt.
Liebe Grüße, Susanne Dommers
Moin Susanne,
das können wir uns sehr gut vorstellen. Der Haubarg ist ja auch ein imposantes Bauwerk, dass es nicht alle Tage gibt.
Freut uns, dass dir der Beitrag gefallen hat.
Liebe Grüße in den Norden,
Claudia
Sehr schön, dass Ihr die Haubarge gut und sachlich beschreibt und nicht in erster Linie vom modernen Lifestyle-Trend geleitet seid, der bedenklos Fakten und Emotionen durcheinanderwirft.
Es gibt einen wissenschaftlichen Diskurs darüber, ob Haubarg nicht auch „das Gehauene bergen“ heißen könnte. (Bergen im alten Sinne von unterbringen, in Sicherheit bringen.) Eiderstedt ist früher und in letzter Zeit wieder auch Getreideland gewesen und Korn wurde früher mit der Sichel nicht geschnitten, sondern gehauen. Die Interpretation „Heu bergen“ ist aber klassich und nicht widerlegt.
Zum roten Haubarg gehört noch das Wissen, dass dieser ursprünglich mit roten Ziegelpfannen gedeckt gewesen sein soll, was ihn aus der Masse der anderen (früher etwa 400, heute knapp 100) so heraushob. Erwähnenswert finde ich noch die Sage vom armen Schmied, der den Haubarg vom Teufel erbauen ließ – kann man hier nachlesen:
http://www.roterhaubarg.de/Content/Sage/Sage.php
Moin,
wie schön, dass dir unser Beitrag gefällt. Wir hätten noch so viel über Haubarge schreiben könnnen, aber das hätte wohl den Rahmen gesprengt. Deshalb sind wir auch nicht noch weiter auf den Roten Haubarg eingegangen. Es sollten alle den gleichen Stellenwert erhalten. 😉 Die Sage ist aber total niedlich und gehört selbstverständlich dazu. Auf jeden Fall danke, für deine Ergänzungen. Darüber haben wir uns sehr gefreut.
Liebe Grüße,
Claudia
danke für den Beitrag aus dem ich meine Kenntnis erweitern kann, denn vieles habe ich vorher nicht gewusst. Es bereitet Freude, historisches Wissen zu erhalten, man erhält dadurch ein Bild und lebendigen Bezug zur Vergangenheit, was heutzutage erschwert nur zugänglich ist. Die Sage ist wirklich hübsch.
Liebe Petra,
das freut mich.
Liebe Grüße aus Nordfriesland,
Claudia
Haubarge sind ein spannendes Thema, das viele Seiten füllen kann. Bei den Haubargen außerhalb Eiderstedt habt ihr leider den Haubargen vor Ahrenshöft vergessen. Auch ein imposantes Bauwerk an einem Ort, an dem man keinen Haubarg vermutet.
Moin Volker,
da hast du Recht, das ist ein spannendes Thema, dass Seiten füllen kann. Deshalb konnten wir auch nicht jeden Haubarg vorstellen, denn auch außerhalb von Eiderstedt wartet noch der eine oder andere.
Liebe Grüße,
Claudia
Es gibt auch noch einen Haubarg in Seeth, was genau genommen auch nicht mehr zu Eiderstedt gehört. Mehr auswärtige Haubarge sind mir nicht bekannt. Wäre gespannt, wo es noch welche gibt.
Moin,
wir haben im Oktober den wunderschönen Haubarg in Vollerwiek mit 6 gemütlichen und sehr schönen Ferienwohnungen erstanden. Wer also mal in einem sehr gut erhaltenen historischen Haubarg Urlaub direkt am Deich machen möchte, ist bei uns genau richtig
Moin Stefan,
herzlichen Glückwunsch und ganz viel Freude mit eurem Projekt.
Liebe Grüße,
Claudia