Vor drei Jahren begann für uns eine spannende Reise, und zwar bekamen wir den Auftrag, die fotografische Dokumentation der Sanierung vom Emil Nolde Haus in Seebüll zu übernehmen. Dieses einmalige Erlebnis möchten wir natürlich mit euch teilen.
Wer uns über Social-Media folgt, wird in den letzten Jahren immer wieder mal mitbekommen haben, dass wir uns regelmäßig in Seebüll aufgehalten haben und von dort Fotos vom Garten gepostet haben. Zu unserer Aufgabe gehörte nämlich nicht nur die fotografische Dokumentation vom Emil Nolde Haus, sondern auch vom Garten. Letzteren sollten wir ein Jahr lang zu allen Jahreszeiten fotografieren. Unsere Eindrücke dazu haben wir bereits in einem Beitrag zum Nolde Garten festgehalten. Nun endlich – da die Sanierung abgeschlossen ist – dürfen wir auch über den Rest erzählen.
Wie alles begann
Bevor mit der Sanierung vom Emil Nolde Haus begonnen werden konnte, mussten wir erstmal den Istzustand festhalten, d.h. alle Räume wie sie zu dem Zeitpunkt waren. Das allein war schon aufregend, denn die farbigen Zimmer – so werden die Privaträume von Ada und Emil Nolde genannt – dürfen von Besuchern nicht betreten werden. Allenfalls hochrangige Gäste durften mal in Begleitung in die Privaträume und nun wir.
Aber es ging eben nicht nur um die Räume an sich, sondern auch um das Inventar in den Schränken. Wir sollten mit den Fotos festhalten, wie und wo alles stand, damit nach der Sanierung auch alles wieder genauso an seinen Platz kommt. Zwar sind Ada und Emil Nolde schon lange tot, dennoch fühlte sich das schon merkwürdig an. Fast wie Stalking. Normalerweise würde man bei fremden Leuten nicht in die Schränke und Truhen gucken und schon gar nicht deren Inhalt fotografieren. Hier diente es einem wichtigen Zweck.
So lange wie die Gemälde von Emil Nolde noch in den Räumen hingen, waren wir immer in Begleitung von einem Mitarbeiter, der uns während unserer Aufenthalte viel über den Künstler erzählen konnte. Oft waren es Details, die nicht gerade in offiziellen Dokumentationen zu finden sind. Das war schon sehr spannend, denn so konnten wir uns Stück für Stück in das Leben Ada und Emil einfühlen. Darüber hinaus entdeckten wir bei dem Künstlerpaar immer wieder mal Parallelen zu unserem eigenen Leben. Auch wenn das damals natürlich ganz andere Zeiten waren als heute.
Ein Zuhause für Ada und Emil Nolde
1902, nach der Hochzeit mit der dänischen Schauspielerin Ada Vilstrup etablierte sich vorerst eine Zweiteilung in ihrem Leben. Die Sommer verbrachte das Paar auf dem Land. Anfangs auf Alsen an der Ostsee (Dänemark) und später – ab 1914 – in Utenwarf nahe der Nordsee. In den Wintermonaten zog es die beiden zum Netzwerken meistens in die Stadt, und zwar nach Berlin. Doch irgendwann sehnte sich das Paar wohl nach einem festen Domizil und so begann die Suche.
Viel von der Welt gesehen und doch dem Norden verbunden, suchten sie an der Westküste nach einem neuen Heim. Damals, in den 1920er- Jahren, war Emil Nolde gerade auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Was ich spannend fand war, dass das Paar genau wie wir, nicht nur relativ spät, sondern ebenfalls lange nach einem Zuhause für sich gesucht hat. Als die beiden im Jahre 1926 in Seebüll, unweit des väterlichen Bauernhofes, eine neue Heimat fanden, sollen sie freudig gesagt haben: „Hier ist unser Platz!“
Der Start von einem Zauberheim
Und da begann die erste spannende Bauphase von ihrem „Zauberheim“, denn nicht ein Bauernhaus, wie für die Region üblich, sollte ihr Eigenheim werden, sondern eine Eigenkreation ganz nach ihren Wünschen. Und wer schon mal im Nolde Haus war, sieht, dass der Künstler mit der Architektur von seinem Heim der damaligen Zeit schon weit voraus war. Nicht nur die Entwürfe für die Architektur stammen von Emil Nolde, sondern gemeinsam mit seiner Frau wurde auch der Garten gestaltet. Selbst bei der Inneneinrichtung wurde nichts dem Zufall überlassen. Vieles ist von Emil Nolde selbst entworfen und teilweise von beiden sogar selbst gebaut worden.
Besonders raffiniert fanden wir die Fensterleibungen, die nicht gerade verlaufen, sondern abgeschrägt sind. Das hat den Vorteil, dass die Sonne etwas länger in die Räume scheint. Auch sogenannte Schwalbennester dienten dem Künstler, um die Räume mit indirektem Licht zu versorgen. Ganz zu schweigen von der farbenfrohen Gestaltung, die damals in nordischen Kreisen schon einzigartig gewesen sein dürfte.
Stück für Stück ist in Seebüll ein Gesamtkunstwerk entstanden, in dem das Ehepaar Nolde gemeinsam, bis zum Tod von Ada (1946), noch fast 20 Jahre leben durfte. Als Emil Nolde dann 1956 starb, fand das Paar auf ihrem Grundstück die ewige Ruhe. Ganz ehrlich, das finde ich irgendwie richtig romantisch.
Beide hatten verfügt, dass nach ihrem Tod das Nolde Haus zu einem Museum und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Dafür wurden damals einige Umbauten am Haus vorgenommen. Seitdem sind viele Jahrzehnte mit wechselnden Ausstellungen vergangen. Zahlreiche Besucher strömten alljährlich zum Nolde Museum. Das hat natürlich seine Spuren hinterlassen.
Denkmalgerechte Sanierung
Als wir im Herbst 2019 mit der Dokumentation begannen, ahnte noch niemand etwas davon, welche Ausmaße aufgrund von Corona auf uns alle zukommen würden. Für uns bedeutete es auf alle Fälle, dass wir immer nur an den Wochenenden vor Ort sein konnten. Dann, wenn andere Gewerke nicht da waren. In der Anfangszeit von Corona musste für viele Wochen und Monate auch das Museum selbst schließen. Bis auf dem Wachmann begegneten wir in dieser Phase niemandem. Und irgendwie hatte das auch sein Gutes, denn wir hatten die Baustelle jedes Mal für uns allein und konnten uns ganz auf die Dokumentation und auf das Haus konzentrieren.
Bei der Sanierung wurde nicht auf die denkmalgerechte Instandsetzung und auf Barrierefreiheit wert gelegt, sondern viele der Umbauten, die nach Noldes Tod entstanden, wurden wieder zurückgebaut. Und auch wenn wir es jetzt noch nicht ganz fertig gesehen haben, ist dort wirklich etwas Großes entstanden. Altes wurde bewahrt und mit neuem Konzept in die moderne Welt geholt.
Es war wirklich spannend jeden einzelnen Schritt der Sanierung zu begleiten. Sowohl den Abriss als auch den langersehnten Wiederaufbau. So viele Stunden haben wir dort verbracht, dass wir uns ein Stückweit mit dem Gesamtkunstwerk verbunden fühlen.
Eine große Ehre ist es auch, dass nun zum Abschluss einige Bilder der fotografischen Dokumentation von Ralph bis zum Ende der Saison im Bildersaal von Emil Nolde zu sehen sind. Der Bildersaal, der neben dem Atelier das Heiligtum vom Künstler war. Räume, zu denen damals nur ganz wenige Menschen Zugang fanden.
Mit dem heutigen Tag (9. August 2022) endet für uns nicht nur eine spannende Zeitreise, sondern das Nolde Haus ist offiziell wieder für Besucher geöffnet. Fahrt hin und lasst euch inspirieren.
2 Kommentare zu „Emil Nolde – zurück Zuhause“
Dankeschön für diesen wunderbaren und inspirierenden Artikel. Wir waren erst 2x in Nordfriesland (2020 und 2021) und ein Besuch war leider nicht möglich. Toll zu lesen, dass jetzt wieder geöffnet ist.
Moin liebe Marga,
danke, freut uns, dass dir unser kleiner Einblick in eine ganz wundervolle Zeitreise gefallen hat. Dann wünschen wir euch ganz viel Spaß beim Entdecken. Es lohnt sich wirklich.
Liebe Grüße,
Claudia