Eine erste Entdeckungsreise
Nachdem wir uns in letzter Zeit vorwiegend die Küstenregionen vorgenommen haben, möchten wir euch heute eine süße kleine Stadt in Süd-Dänemark vorstellen, die nicht nur optisch jede Menge her macht, sondern auch historisch einiges zu bieten hat. Die Rede ist von der kleinen Hafenstadt Tønder.
Wobei Hafenstadt eigentlich nicht mehr ganz richtig ist, denn die Zeiten, dass Tønder einen Hafen hatte, sind lange vorbei. Die Stadt, die viele Jahre von Sturmfluten gebeutelt wurde, verlor ihren Zugang zum Meer durch Landgewinnung an der Westküste.
Den Einwohnern brachte das zwar mehr Sicherheit, allerdings verloren sie damit einen erheblichen Teil ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Tønder gehört nicht nur – auf der sogenannten Landbrücke zwischen Nord- und Ostsee – zu den ältesten Städten Dänemarks, sondern war bereits im 11. Jahrhundert sogar in Flensburg als Hafenort bekannt. Ob mit oder ohne Hafen, für mich fühlt sich der Ort nach wie vor wie eine Hafenstadt an.
Letzten Mittwoch durfte ich am Rande des Co-Working-Days auch ein Stück von der Innenstadt kennenlernen. Das hatte mich so neugierig gemacht, dass ich mit Ralph am Wochenende wieder hingefahren bin, um mit ihm gemeinsam die Stadt zu erkunden.
Zum einen, weil wir das schöne Herbstwetter noch ausnutzen wollten und zum anderen, weil sich hier ab dem 11. November bereits alles um Weihnachten dreht und wir euch die Stadt noch ohne weihnachtlichen Glanz vorstellen möchten. Das gelingt uns auch nur noch so gerade eben, denn die Aufbauarbeiten für die Weihnachtsstadt Tønder sind bereits in vollem Gange. Sogar ein Großteil der Schaufenster sind bereits weihnachtlich dekoriert.
Wie wir schön öfters erfahren und gelesen haben, hat Weihnachten in Dänemark anscheinend einen ganz besonderen Stellenwert. In der alten Apotheke „Det gamle Apotek“ können Weihnachtfans sogar das ganze Jahr über nach Weihnachtaccessoires stöbern. Darüber hinaus gehören auch Geschenkartikel, Einrichtungsgegenstände und Kunsthandwerkserzeugnisse zum Sortiment.
Übrigens: Der „Julebyen Tønder“, der Weihnachtsmarkt der Stadt, soll jedes Jahr aufs Neue Einwohner und unzählige Besucher verzaubern.
Eine Innenstadt mit ganz viel Flair
Da wir recht früh losgefahren waren, war es auch noch entsprechend leer in der Innenstadt. Ein eisiger Wind fegte durch die Gassen, denn in der Nacht gab es den ersten Frost. Da zu dieser Jahreszeit die Sonne schon reichlich tief steht und es nicht mehr über die Häuserschluchten schafft, fallen große Teile der Straßen in den Schatten. Trotz warmer Kleidung fühlte es sich ganz schön fröstelig an. Ein ungewohntes Gefühl nach dem langen warmen Sommer, an das man sich erst wieder gewöhnen muss.
Um so schöner waren die verlockenden Düfte nach Kaffee und Gebäck aus den zahlreichen Cafés, die ganz bestimmt mit ihrer Gemütlichkeit einen großen Beitrag dazu leisten, dass sich dieses Städtchen so hyggelig anfühlt. Auch wenn ich diesen Begriff – da er für Deutsche ein Modebegriff geworden ist – nur sehr selten verwende, passt er einfach in diesem Zusammenhang.
Nicht zuletzt weil es so viele Möglichkeiten gibt, was Hygge ist und in diesem Fall ist es für die kleine Katze wohl sehr hyggelig sich von der Sonne wärmen zu lassen. Ein so niedlicher Anblick, an dem wir nicht einfach so vorbei gehen konnten. 🙂
Egal wohin wir auch blicken, überall lachen uns wunderschöne alte Häuser an. Viele sind toll restauriert, andere haben eher noch einen morbiden Charme, aber gerade diese Mischung macht solche Städte für meinen Geschmack so faszinierend.
In Tønder ist jeder Winkel eine Augenweide
In Tønder lohnt es sich die Einkaufsstraßen zu verlassen und sich auf eine Entdeckungsreise durch die einzelnen Straßen zu begeben. Immer wieder trifft man auf kleine Innenhöfe oder Kopfsteinpflasterstraßen, die den Charme vergangener Zeiten versprühen ohne dabei staubig zu wirken. Im Gegenteil, wir sind total fasziniert.
Eine Straße hat es uns besonders angetan, und zwar die „Ultgarde“. Beim Durchstreifen hat mich die Straße sofort an den „Holm“ in Schleswig oder an die kleinste Stadt Deutschlands „Arnis“, erinnert. Hübsche alte Häuser, die sich in Reih und Glied an die Kopfsteinpflasterstraße schmiegen, Rosenbüsche vor den Türen und Farben, die einfach nur das Herz erfreuen.
Eins ist mir in Tønder ganz besonders aufgefallen, hier scheint man keine Gardinen zu kennen. Sehr zu meiner Freude, denn ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie andere Leute sich einrichten und gerade Dänemark soll ja bekannt für hyggeliges Wohnen sein.
In jedem noch so kleinen Winkel, ob im Innenhof, Balkon oder Terrasse, stehen Sitzgelegenheiten herum, die erahnen lassen, wie viel Leben und Lebensfreude hier an lauen Sommerabenden stattfinden muss. Eine Geselligkeit, die uns schon bei unserem allerersten Dänemarkbesuch vor vielen Jahren aufgefallen ist.
Kunst und Kultur in Tønder
Dass Kunst und Kultur in Dänemark eine große Rolle spielen, ist auch in Tønder nicht zu übersehen. Ob im Privatbereich, das konnte man gut durch die Fenster sehen, ober im öffentlichen Raum. Es gibt zahlreiche Museen, wie zum Beispiel das „Drøhses Hus“ oder das „Klöppelmusuem“ in der Vestergarde, die in bedeutenden und historischen Gebäuden Werke ausstellen.
Etwas neuer sind die Gebäude, in denen das Kunstmuseum untergebracht ist und selbst der angrenzende Wasserturm dient als Ausstellungsfläche (siehe Titelbild). Dort werden u.a. Arbeiten vom weltbekannten Möbelarchitekten Hans J. Wegner gezeigt. In den anderen Räumen wird der Fokus auf den Einfluss nordeuropäischer Kunst gelegt und das, wie ich lesen kann, wohl sehr erfolgreich.
Ich persönlich mag es aber auch sehr gerne, wenn man Kunst in öffentlichen Parks genießen kann. So wie dieser Skulpturenpark, den ich besonders hübsch angelegt finde und durch seine Lage zu jeder Jahres- und Tageszeit einen ganz anderen Reiz von sich preis gibt.
Tipp: Jedes Jahr am letzten August-Wochenende findet das Tønder-Festival statt. Eines der größten Folk Festivals weltweit.
Der idyllische Fluss Vidå (Dt. Widau)
Auch wenn Tønder keine Hafenstadt mehr ist, gibt es hier Wasser. Der Fluss Vidå fließt direkt durch das historische Städtchen und sorgt ebenfalls für unheimlich viel Flair. An der Brücke blieb ich eine ganze Weile stehen, um einfach nur auf das Wasser zu schauen. Ein Reiher gesellte sich ebenfalls dazu und wir beide blickten dann gebannt auf das Wasser. Mir hat die Art der Anlage hier vor dem Hotel unheimlich gut gefallen. Es wirkt so beruhigend.
Es geht aber auch aufregender, und zwar mit einem Kanu. Hach, das wäre es. So lange warten wir schon auf diese Gelegenheit, das einfach mal auszuprobieren. Möglichkeiten dazu gibt es hier jedenfalls.
Lars Thomsen und Niels Storgaard bieten Touren von unterschiedlicher Länge an, die sowohl von Anfängern als auch von Profis genutzt werden können. Zu finden ist „Vidå Kano“ einmal im Grænsevej 16 in Sæd und in der Ulriksallé 5 in Tønder. Da Kanufahren in Dänemark sehr beliebt ist, empfiehlt es sich aber, schon vorher telefonisch einen Termin zu vereinbaren unter +45 4031 9514 oder +45 2330 4250. Wer weiß, vielleicht machen wir hier nächstes Jahr unsere ersten Paddelversuche.
4 Kommentare zu „Die historische Stadt Tønder in Süd-Dänemark“
Moin Moin du Liebe
Was für ein wunderschöner Bericht mit tollen Fotos, danke euch dafür! 🙂
Ich durfte ja auch schon mal in Sonderborg erste Eindrücke von Dänemark erleben. Dieser hübsche Ort Tondern ist allerdings auch einen Besuch wert. Und ja, du hast Recht – hier und da erinnern mich die Häuser an den Holm bei uns….
Sonnengeküsste Grüsse von der Schlei
Sabina
Moin du Liebe,
sehr gerne. Das ist wirklich eine zauberhafte Stadt, die wir empfehlen können und so nah an der Grenze. Und ja, die Ähnlichkeit ist manchmal verblüffend, aber ist ja auch keine Wunder… schließlich war das bei euch und bei uns ja alles mal dänisch. 🙂 Falls ihr hinfahrt, das Café Kridt kann ich sehr empfehlen.
Liebste Grüße,
Claudia
Sonderborg nehmen wir uns auch ganz bald mal vor. Versprochen. 🙂
Hallo Ihr 2,
habe gelesen das in der Kirche von Tondern bei einer Sturmflut das Wasser 30 cm hoch stand…..wenn man heute da steht kann man sich das nicht vorstellen.
Die Eindeichung von NF ist auch eine interessante Geschichte, aber auf die werdet ihr auch noch stossen….
Tondern hatte mal die grösste Luftschiffbasis Deutschlands, es gibt ein Museum und Reste von Hallen sollen auch noch zu finden sein. Nur mal so als Tipp…:)
LG Harald
Moin Harald,
wie krass… das mit dem Wasser in der Kirche ist vermutlich (aus heutiger Sicht) genauso wenig vorstellbar, wie dass der Ort mal eine wichtige Hafenstadt war. Ist schon beeindruckend was der Mensch mit der Landgewinnung verändert hat.
Hast du für die Eindeichung von NF noch eine andere Geschichte parat, als die unsere?
Oh je, ich merke schon, du hast wieder jede Menge Tipps für uns. Das wird noch eine spannende Entdeckungszeit.
Ganz liebe Grüße und bis ganz bald,
Claudia