Auf Fangfahrt mit Mike Hilger und seiner Crew auf der „SB4 ANDREA“
Einige Berufsgruppen am Meer haben wir euch bereits vorgestellt, aber welcher Beruf könnte wohl typischer sein, als der eines Fischers. Um zu erfahren wie der Alltag eines Berufsfischers aussieht, haben wir eine Fischerfamilie auf dem Fischkutter „SB4 ANDREA“ einen Tag lang begleitet.
Aus dem Alltag einer Fischerfamilie
Von allen Aktionen, die wir bisher mit MeerART erlebt haben, war dies die, vor der wir im Vorwege am meisten Respekt hatten. Die Fischer starten in der Regel zwei Stunden vor Sonnenaufgang ihre Fahrt. Das bedeutete für uns ganz schön früh aufzustehen, denn vor uns lagen ja immerhin noch zwei Stunden Anfahrt, um erstmal nach Burgstaaken auf Fehmarn zu kommen. Viel geschlafen hatten wir also nicht.
Natürlich beschäftigten uns auch Fragen, wie… was ziehen wir am besten auf einem Kutter an und sind wir überhaupt seefest? Immerhin wurde die gemeinsame Ausfahrt von Mike schon zweimal wegen einer Schlechtwetterfront abgesagt und auch heute war reichlich Seegang vorhergesagt.
„Mit dem hohen Wellengang sei es einfach viel zu gefährlich und wenn er nicht unbedingt muss, dann würde er lieber nicht rausfahren“, so Mike’s Worte am Telefon. Das war uns nur recht, denn im Hinterkopf schwirrten auch die Gedanken um den gesunkenen Fischkutter „Condor“ mit. Erst recht, weil gerade die Untersuchungsergebnisse für das Sinken des Kutters in den Medien veröffentlicht wurden.
Auf zum hohl
An Bord wartete Mike mit seiner Crew schon auf uns, um uns in Empfang zu nehmen. Die freundliche Begrüßung und die Tatsache, dass es sich bei dem Fischkutter „SB4 ANDREA“ nicht um eine kleine Nussschale handelt, stimmte uns zuversichtlich. Noch im Dunkeln verließen wir den Hafen von Burgstaaken, um zu den für heute geplanten Fanggründen zu kommen.
Bis es soweit ist, herrscht erstmal Ruhe an Bord. Zeit, die wir nutzen konnten, um uns ein wenig mit Mike zu unterhalten. Er übt den Beruf des Fischers mittlerweile seit 35 Jahren aus und sein Sohn Marc, der eines Tages vielleicht in seine Fußstapfen tritt, ist ebenfalls schon zehn Jahre mit dabei. Seit August diesen Jahres mit von der Partie ist der Auszubildende Lukas.
Der Fischkutter „SB4 ANDREA“ ist mit Schleppnetzen ausgestattet, für die wir recht weit auf die offene Ostsee rausfahren müssen. An der Küstenlinie liegen zu viele Steine auf dem Grund, in denen sich das Netz verfangen und reißen würde. Derzeit ist, was den Fischfang betrifft, Nebensaison.
Die Dorschsaison ist bereits vorbei und die Heringssaison beginnt erst wieder, d.h. für unseren Fang heute, auf Plattfisch zu gehen. Ob wir mit dem für heute ausgesuchten Ziel Glück haben werden, kann keiner im vorhinein wissen, denn der Plattfisch wird vom Radar nicht erfasst.
Der hohl
Nachdem wir weit genug draußen waren, haben Marc und Lukas das Netz von der Rolle gelassen. Dieses war nur noch an der Boje zu erkennen, die mehrere hundert Meter vom Boot weg am Netz hing. Die Boje dient dazu das Netz wiederzufinden, sollte es sich vom Schiff losreißen.
Nach einer bis eineinhalb Stunden Fangfahrt wurde das Netz langsam wieder eingeholt. Ein schweißtreibender Akt, bei dem jeder Handgriff sitzen muss. Dass die Crew von Mike ein eingespieltes Team ist, war nicht zu übersehen, aber das muss auch, sonst wäre das wohl viel zu gefährlich.
Kleinere Fische konnten beim Aufrollen des Netzes noch durch die Maschen schlüpfen, dabei haben die Fischer durch Abschütteln zusätzlich nachgeholfen. Nun beginnt die eigentliche Arbeit.
Vor dem hohl hatte ich ehrlicherweise am meisten Angst. Was Tiere angeht, bin ich sehr empfindlich und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren würde, wenn ich die Fische im Netz gefangen sehen würde. Da ich selber Fisch esse, wollte ich mich dem stellen, denn das eine geht nun mal nicht ohne das andere.
Ein guter Fang
„Ist das ein guter Fang?“, fragte ich Mike. „Ja“, sagte er. „Dafür, dass wir nur gut eine Stunde das Netz draußen hatten, ist das ein guter Fang. Sogar besser als erwartet“ fuhr er fort. Mike erklärte uns weiter, dass es auch die schonendere Methode für die Fische bzw. den sogenannten Beifang ist, denn je länger die Netze draußen bleiben, desto voller werden sie und die Fische haben kaum noch Möglichkeit durch die groben Maschen zu schlüpfen.
Damit die Tiere nicht lange leiden, müssen sie zügig geschlachtet werden. Ein Moment, auf den die Möwen, die uns die ganze Zeit bereits im Visier hatten, nur gewartet hatten, denn die Innereien sowie der Beifang bedeutet für sie ein bequemes Festmahl.
Die Fische werden nach Größe und Art sortiert. All das passiert entweder schon während der Rückfahrt, wie in unserem Fall oder, sollte ein zweiter hohl geplant sein, dann während des zweiten Fischvorgangs.
Jeder Fang muss genauestes dokumentiert werden, das heißt die genaue Menge und welche Art von Fischen ins Netz gegangen sind. All das muss bereits vorm Anlanden der Kontrollbehörde gemeldet werden. Diese behält sich stets das Recht vor, die Fischer im Hafen zu kontrollieren.
Ankunft im Hafen
Kaum im Hafen angekommen, wurden wir bereits von der Fischereigenossenschaft erwartet, die die Fische sofort mit Eis bedeckten und sie für die Weitervermarktung vorbereiteten.
Der Beruf des Fischers ist sicherlich kein leichter Job, aber dennoch ein ehrlicher. Wir haben heute nicht nur erfahren, wie der Alltag einer Fischerfamilie aussieht, sondern auch, was die Fangquoten für die kleinen Fischereibetriebe bedeutet.
Anstatt die vielen kleinen Fischereibetriebe mit immer neuen Fangquoten zu reglementieren, sollte man lieber die industrielle Großfischerei komplett verbieten. Schließlich sind sie es, die die Meere auf Gedeih und Verderb leer fischen.
An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Mike Hilger und seiner Crew bedanken, die uns spannende Einblicke in den Alltag eines Fischers ermöglicht haben.
2 Kommentare zu „Auf Fangfahrt mit der „SB4 ANDREA““
Übrigens heisst der gesunkene Kutter „Condor“, nicht Concordia..
Ups, da hast du natürlich Recht Werner. Dankeschön für den Hinweis.
Viele Grüße,
Ralph