Ein Tag wie im Bilderbuch. Wir hatten den 1. November und es schien die Sonne, besser noch, es war auch noch warm. Es herrschten Temperaturen, wie wir sie im Norden zu dieser Jahreszeit nicht kennen. Sind doch gerade im November das Grau in Grau die vorherrschenden Farben. Natürlich geht es an die See und an den Strand. Graswarder soll es sein…
Schon die ganze Fahrt dorthin guckten wir uns immer wieder an. Die Vorfreude stieg, denn wir konnten unser Glück einfach nicht fassen. Endlich angekommen, stellten wir den Wagen auf dem Parkplatz beim Hafen ab, denn dort würden wir später noch eine Verabredung haben. Als ich das Geld für das Parkticket einwerfen wollte, sah ich ein zusammengekauertes Kaninchen, wieder mit dicken Augen. Erst neulich hatten wir auf Fehmarn so viele gesehen, die alle an der Kaninchenseuche (Myxomatose) erkrankt waren. Das war ein schrecklicher Anblick. Zu dem Zeitpunkt ahnten wir allerdings noch nicht, was und später passieren sollte.
Mir persönlich fällt es immer schwer einfach so weiter zu machen, aber da wir uns nach den Vorfällen auf Fehmarn erkundigt hatten, wussten wir, dass wir leider gar nichts ausrichten können. Darum versuchten wir, an unser Glücksgefühl anzuknüpfen und den Tag zu genießen. Heiligenhafen ist kaum wieder zu erkennen. Der Hafen ist mehr oder weniger eine Baustelle.
Zwischen Graswarder und Marina entsteht eine ganze neue Ferienhaussiedlung
Noch kann man nicht allzu viel sehen, von daher bin ich echt gespannt wie es aussieht, wenn es fertig ist. Für den Augenblick wirkt es wie eine gelungene Verbindung zwischen dem Stadtleben und den so verträumten Häusern am Graswarder.
Und zu den verträumten Häusern wollten wir jetzt auch hin. Eigentlich kann man es gar nicht oft genug sagen, wie genial dieses Wetterchen an diesem Tage war. Die Versuchung sich zu kneifen war sehr groß, denn es wirkte wie ein Traum. Die letzten Nebelschwaden verzogen sich so langsam und die Sonne bahnte sich immer mehr ihren Weg.
Während Ralph sich seine Fotomotive ausguckte, stand ich am Wasser und guckte verträumt gen Horizont. Der Leuchtturm aus Flügge zwinkerte mir zu und auch die Brücke über den Fehmarnsund ließ sich immer mehr von der Sonne küssen. Einfach nur herrlich.
Es gibt Dinge, die kann man nicht erklären
Wir ließen uns schon eine ganze Weile von diesem November-Sun-Moment treiben, als wir ein Kaninchen in Richtung Strand laufen sahen. Zuerst dachten wir uns noch nichts dabei und hofften innerlich, dass es kein erkranktes Tier ist. Unsere Blicke sprangen immer zwischen Motivsuche und dem Kaninchen hin und her. Es putzte sich eine ganze Weile, doch dann lief es plötzlich zielgerichtet Richtung Ostsee. Als das salzige Wasser der Ostsee seine Beinchen umspülte, hoppelte es schnell wieder zurück an Land. Dort verharrte es einen Moment und nahm regelrecht Anlauf, um in die Ostsee zu kommen. Es schwamm zielgerichtet aufs offene Meer hinaus.
Wir trauten unseren Augen kaum. Ich schrie noch ziemlich verwundert, „sieh nur, das Kaninchen geht schwimmen“. Wie absurd, und dennoch starrte man gebannt auf das Geschehen. Die Kräfte verließen den kleinen Racker recht schnell und so begann ein Kampf ums Überleben. In dem Moment, als ich meine Klamotten vom Leib reißen wollte, um es zu retten, sah ich seine verklebten Augen. Auch dieses Kaninchen war von der Seuche befallen. Wir ließen ihm seinen freien Willen.
Da standen wir nun – fassungslos. War das nun eine Verkettung von Zufällen oder gibt es in der Tat so eine Willensstärke, dass ein Tier sein Leiden bewusst beendet? Diese Frage beschäftigte uns die ganze Zeit und auch noch später. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich dieses Bild vor mir, darum musste ich auch in diesem Beitrag darüber schreiben.
Geschockt rissen wir uns aus dieser unwirklichen Situation. Wir mussten zurück, da wir ja noch eine Verabredung am Hafen hatten. Ich kann nur so viel verraten, es ist ein Mann, der nicht nur Mädchenträume wahr werden lässt, aber dazu in einem Extra-Beitrag am Freitag mehr.
Zum Abschluss dieses unwirklichen Tages entschieden wir uns noch schnell auf die Insel zu fahren, um von dort aus den Sonnenuntergang zu erleben. Die Kulisse hätte nicht passender und skurriler sein können für diesen Tag. Ein Blütenmeer im November unter glutrotem Himmel. Unser ganz persönliches November-Sun-Erlebnis.