Geschichten, die das Leben nicht braucht
Kurzfristige Freuden achtlos weggeworfen – Strandgut, das keiner haben will. Eine etwas andere Sichtweise zu einem Thema, das uns nach wie vor alle angeht…
Einst stand ich noch im Regal, bis ein junger, gut gebauter Mann kam und mich mitnahm. Er ging mit mir an den Strand. Ich freute mich so sehr, denn ich durfte ihn begleiten. Er stellte mich seinen Kumpels vor, na indirekt, sie sahen mich in seiner Hand. Ich war gerührt. Freute mich über jeden Schluck, den er aus mir trank. Seine tollen Lippen zu spüren, während er Schluck für Schluck genoss.
Doch dann, oh weh! Ich war leer und mein Mensch hatte keine Verwendung mehr für mich. Er ließ mich fallen – ich blieb allein zurück am Strand.
Ich habe schon eine weite Reise hinter mir. Menschen hatten mich mit an Bord eines Schiffes genommen. Wir gingen auf große Reise. Man schenkte mir nicht allzu viel Beachtung. Kontakt hatte ich nur, wenn die sanitären Anlagen gereinigt wurden. Als ich dann ebenfalls leer war, wurde ich einfach über Bord geworfen, nach dem Motto: Aus den Augen – aus dem Sinn!
Ich trieb im Meer herum, war den Wellen und dem Wetter ausgeliefert. Der Wind war es, der mich an den Strand spülte. Doch auch hier beachtet mich niemand.
Alles begann mit einem Ausflug zu einem Kinderspielplatz. Die Menschen und ich haben Picknick gemacht. Große und kleine Menschen nahmen mich immerzu in die Hand und erfreuten sich meines erfrischenden Inhalts. Als ich leer war, legten sie mich neben ihren Korb und spielten fröhlich miteinander. Niemand bemerkte, dass der Wind mich langsam von ihnen weg wehte. Der Wind fegte mich über die Straße immer weiter weg von den Menschen.
Ich war jeder Menge Wind und Regen ausgeliefert und strudelte achtlos durch die Straßen, immer weiter, bis an den Strand. Dort verfing ich mich im Dünengras.
Auch ich habe bereits eine weite Reise hinter mir, denn auch ich bin mit an Bord eines Frachters gegangen. Mein Inhalt diente ebenfalls dem Menschen. Als ich nichts mehr zu geben vermag, schmissen sie mich in einen großen Sack zusammen mit allerlei anderem Zeug. Eines nachts wurden wir einfach über Bord geworfen und unserem Schicksal überlassen. Einige von uns gingen sofort unter, andere schwammen an der Oberfläche und wurden nach und nach auseinander getrieben.
Die Sonne brannte mir auf den Pelz und das salzige Wasser der Ostsee nahm mir meine Identität. Doch eines habe ich mit allen gemein, der Wind brachte mich zurück an Land und da liege ich nun.
Mich haben die Menschen in einen gelben Sack gepackt und einfach an die Straße gestellt. Es kamen Krähen, die an diesem Sack zerrten, bis er kaputt ging. Der Wind trieb mich fort, die Straße hinab. Autos wirbelten mich ständig durch die Luft und ich wurde immer weiter fort geweht. Eines Tages landete ich im Fluss. Sein Strom rieß mich immer weiter fort. Viele meiner Artgenossen schwammen ebenfalls an mir vorbei. Wir trieben bis aufs Meer hinaus. Ich weiß gar nicht mehr wie lange ich unterwegs war. Wellen spülten mich an den Strand
Als ob das nicht schon schlimm genug ist. Spielende Kinder fanden mich und nutzten mich als Spielzeug. Nachdem sie die Lust verloren, traten sie auf mich und ließen mich liegen.
Ich gehörte zu einem Angler. Er nahm mich mit auf seine Tour. Er hielt mich in der Hand und schaute aufs Meer. Gespannt wartete er auf das Klingeln der Angel, auf den Fang seines Lebens. Zwischendurch stellte er mich immer wieder in den Sand, um zu gucken, ob die Angeln in Ordnung sind. Es vergingen Stunden. Nachdem er seinen Fang eingeholt hatte, packte er seine Sachen und ging. Mich ließ er zurück.
Mittlerweile liege ich hier schon ein paar Wochen und die Sonne und die salzige Luft machen mir ganz schön zu schaffen. Ich fange an zu verwittern.
Und ich – ich war eine Möwe, die hier glücklich an der See lebte. Meine Kumpels und ich sind immer hungrig und alles, was uns vor den Schnabel kommt, picken wir auf. Ich bin nur ein Vogel gewesen und konnte daher den Unterschied zwischen Nahrung und Plastikmüll nicht unterscheiden.
Ich habe gefressen und bin vor Hunger gestorben. Mein Bauch ist voll, aber ich konnte davon nichts für mich verwerten. Jetzt bin in tot. Ich werde zerfallen, aber mein Mageninhalt lebt weiter.
Jährlich landen Tonnen von Müll im Meer.
Im Rahmen des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (Oslo-Paris-Konvention, OSPAR) wird geschätzt, dass jährlich etwa 20.000 Tonnen Abfall in die Nordsee eingetragen werden, wovon 15 Prozent im Wasser, 70 Prozent auf dem Meeresboden und 15 Prozent an den Stränden verbleiben. Die Strände in der OSPAR-Region weisen eine durchschnittliche Belastung von 712 Müllteilen pro 100 Meter Küstenlinie auf, wobei die aktuellen Untersuchungen in Deutschland (2008-2012) durchschnittlich 154 Abfallteile pro 100 Meter ergaben. Für die Ostsee liegen bislang keine entsprechenden Daten vor.
Übrigens: Alle Müllteile, bis auf das Eingangsbild wurden am Strand von Marienleuchte auf Fehmarn auf nur wenigen Metern gefunden.
2 Kommentare zu „Der Mensch und seine Spuren“
Oh … Ich werde es niemals verstehen: Warum werfen wir mit Müll um uns? Aber der erste Schritt ist wohl: Weg von den vielen Verpackungen, weg vom Einweg-Gedöns, weg von Plastik & Co. Oder aber noch eher: Umdenken. Da kann jeder bei sich selbst anfangen und jeder noch so kleine Schritt hilft auf dem Weg in die richtig Richtung!
Liebe Jutta, du triffst es auf dem Punkt. Da muss man gar nichts mehr zu schreiben, einfach nur anfangen etwas zu ändern. Danke dir, für diesen Kommentar.
Liebe Meeresgrüße,
Claudia