Moin Moin aus Husum, der grauen Stadt am Meer. Oder sollten wir lieber Geisterstadt sagen? Seit dem zweiten Lockdown wirkt Husum wie ausgestorben. Habt ihr trotzdem Lust auf einen kleinen Rundgang?
Es ist schon ein wenig bizarr. Seit Wochen, nein eigentlich schon seit Monaten sehen auch wir nichts anderes als unser beschauliches Langenhorn und den Deich. So manches Mal sehnt man sich dann doch schon mal nach ein wenig Abwechslung. Da wir dringend Kaffeenachschub brauchten, haben wir unsere Abholung gleich mit einem kleinen „Mini“-Rundgang verbunden.
Zeit für eine neue Novelle
Würde Theodor Storm noch leben, wer weiß, was er dann für eine neue Novelle in Zeiten von Corona losgelassen hätte. Jedenfalls wirkt das alles schon irgendwie surreal. Die Parkäuser sind zwar geöffnet, aber um trotz allem Distanz zu wahren, haben wir unser Auto lieber ein wenig abseits geparkt. So erspart man sich wenigstens weitere Berührungspunkte an Kassenautomaten etc.
Während sonst im Hafen das blühende Leben tobt, ist nichts als Stille zu hören. Es scheint, als hätten nicht mal die Möwen Lust sich auf irgendeine Art zu äußern. Vielleicht sind sie aber auch müde von der unfreiwilligen Diät. Da die Gastronomie nach wie vor geschlossen hat und in der Innenstadt von Husum Maskenpflicht herrscht, dürfte wohl nur wenig menschliche Kost abfallen, die Passanten freiwillig oder unfreiwillig mit den Räubern teilen.
50 shades of grey
Eigentlich hätte heute die Sonne ein wenig ihr Antlitz zeigen sollen, aber selbst die hat wohl keinen Bock mehr auf Mutter Erde. Stattdessen zeigt der Himmel mal wieder seine komplette Farbpalette in Grau. Dunkelgrau, hellgrau, mittelgrau und mal hier und da auch etwas dazwischen. Dazu ist es noch bitterkalt. Würden die bunten Fassaden der schönen alten Häuser nicht so leuchten, dann könnte man schon fast in Depressionen verfallen. Ja, selbst zwei so gutlaunige Menschen wie wir hätten jetzt nichts gegen ein extra volles Sonnenkonto, um weiter gut durch den Lockdown-und-Winterblues zu kommen.
Wie im Film
Wir schlendern durch die verlassenen Gassen und ich kann nicht leugnen, dass es sich anfühlt, als wäre man gerade einem Kinofilm entsprungen, in dem es mal wieder um irgendein Endzeitszenario geht. Geschlossene Geschäfte weit und breit. Ok, bis auf die Lebensmittelgeschäfte und Drogerien oder den Markt, der noch mit ein paar Beschickern am Start ist.
Ansonsten hängen überall nur Schilder an den Schaufenstern der Läden, dass sie weiterhin für ihre Kunden da sein möchten, man anrufen oder eine E-Mail schreiben kann, wenn man etwas entdeckt und abholen möchte. Jeder versucht was er kann, um der Ohnmacht zu entfliehen und ein Teil seiner Existenz zu retten. Schon ein echt trauriges Bild.
An zwei, drei Läden sind wir allerdings vorbei gekommen, da frage ich mich schon, ob die wirklich systemrelevant sind oder nur Gewitzte, die sich den Anweisungen widersetzen. Wer weiß? Es ist zwar nicht richtig, aber zu verdenken ist es auch niemandem.
Wenn man mal ehrlich ist, sind nicht alle Anweisungen der Bundesregierung nachvollziehbar. Warum dürfen andere wie Handwerker zum Beispiel, noch arbeiten? Mal abgesehen von einem Notdienst müssten doch auch die Zuhause bleiben. So viele Gewerke wuseln nach wie vor untereinander und kaum einer trägt eine Maske dabei. Genau wie beim Profisport. Der ist in meinem Augen auch nicht wirklich systemrelevant. Der Lockdown fühlt sich nicht gerecht verteilt an.
Die Vorstellung, dass so viele die Krise vielleicht nicht überstehen und ihre Existenz oder Gesundheit verlieren, ist schon beängstigend. Wie lange mag der Lockdown noch gehen? Und wer wird am Ende dann noch da sein oder alles verloren haben? Wer vielleicht sogar selber Opfer von Coronavirus? Die Einschläge kommen jedenfalls immer näher.
Noch ein letzter Blick
Im letzten Jahr waren wir bei einer Nachtwanderung durch Husum dabei und bei dieser wurden wir auf so viele schöne Details aufmerksam gemacht, die sich an vielen der schönen Fassaden befinden und die man immer übersieht, wenn die Geschäfte mit ihrer Ware locken. Menschen durch die Straße wuseln oder die Außenbereiche der Gastronomie füllen. Nichts von alledem ist derzeit denk- oder fühlbar. Die Straßen sind leer, Husum schläft.
Wir versuchen einige der Gebäude wiederzuentdecken, zumindest bei denen, die, auf unserem Weg liegen, um uns an die Geschichten zu erinnern. Doch so recht mag die Nostalgie nicht aufkommen, denn obwohl die Straßen leer sind, beschleicht uns kein gutes Gefühl. Wir ziehen uns lieber wieder zurück, machen uns auf den Heimweg in unser beschauliches Langenhorn.
Tschüß Husum, du graue Stadt am Meer. Wir werden uns wiedersehen, aber es wird wohl noch wieder eine Weile dauern.
4 Kommentare zu „Husum – du Geisterstadt am Meer“
toller bericht, traurig aber auch schön!
Moin liebe Marina,
vielen Dank. Freut uns, dass dir unser Beitrag zu dieser besonderen Zeit gefallen hat, die mit Sicherheit in vielen Bereichen sehr nachhaltig sein wird..
Liebe Grüße,
Claudia
Ach Husum! Wenn wir uns das nächste Mal sehen, hoffe ich, dass es dir und den vielen kleinen Geschäften noch genauso gut geht wie vor dem Lockdown. Bis bald!
Das hoffen wir alle sehr.
Hoffnungsvolle Grüße von der Küste,
Claudia