Seitdem wir in Nordfriesland leben und uns verstärkt mit unseren dänischen Nachbarn beschäftigen, versuchen wir auch viel über die Kultur zu lernen. Gerade in der Grenzregion ist es drollig zu beobachten, dass wir uns in vielen Dingen ähnlicher sind als wir denken. Eine süße Gemeinsamkeit ist zum Beispiel die Kaffeetafel.
Jedem Kuchen- und Tortenliebhaber wird jetzt vermutlich das Wasser im Mund zusammenlaufen, denn wie ihr euch bei dem Begriff Kaffeetafel denken könnt, geht es um Kuchen satt. Aber nicht nur das, ich musste auch ein wenig schmunzeln.
Die Kunst der nordfriesischen Kaffeetafel
Wer in Nordfriesland zu einer Kaffeetafel eingeladen wird, sollte sich unbedingt mit ein paar Regeln vertraut machen. Es gibt nämlich nicht nur Kuchen und Torten im Überfluss, sondern sie sollten auch tunlichst alle probiert werden. Zumindest, wenn du es nicht riskieren möchtest, jemanden zu beleidigen. Die Kuchen und Torten werden vorher auch nicht angeschnitten. Das mag im ersten Moment ein wenig unhöflich rüberkommen, aber das geschieht aus gutem Grund. Da es nunmal höflich ist, von allen möglichst selbstgebackenen Kuchen und Torten ein Stück zu probieren, hast du es wenigstens selbst in der Hand wie groß du dir dein Stück abschneidest. Damit aber noch nicht genug.
In Nordfriesland ist es Tradition, dass Kuchen und Kaffee linksseitig „rumgeschickt“ wird, d.h. du nimmst den Kuchenteller von deinem rechten Nachbarn entgegen und hältst ihn dann mit deiner linken Hand fest. Mit der rechten Hand schneidest du dir – möglichst unfallfrei – ein Stückchen Kuchen ab und legst es auf deinen Teller. Den Kuchen oder die Torte reichst du dann an deinen linken Nachbarn weiter bis alle einmal die Runde gemacht haben und jeder von jedem etwas auf dem Teller hat. Nun darf nach Herzenslust gegessen, probiert und natürlich geschnackt werden. Torten, die auf einer nordfriesischen Kaffeetafel nicht fehlen dürfen, sind zum Beispiel die Trümmertorte oder die Friesentorte und natürlich muss auch ein Apfel-Schmand-Kuchen dabei sein.
Diese Art der nordfriesischen Tradition finde ich auf eine Art sehr charmant, aber auch reichlich herausfordernd, denn wer so wie ich per se keine Torten mag, hat ein echtes Problem. Schließlich möchte man ja niemanden beleidigen. 😉 Solltest du zu den Personen gehören, die von Kuchen und Torten nie genug bekommen können, dann bist du hier absolut richtig. Aber Vorsicht, solltest du auf die Idee kommen von einem bestimmten Kuchen noch ein Stück nachnehmen zu wollen, dann sei dir gewiss, dass du in Nordfriesland damit ein neue Welle – und anders kann man diese Tradition gar nicht bezeichnen – des Herumschickens auslöst. Eine sehr ähnliche Tradition gibt es übrigens auch auf Fehmarn.
Die „sonderjysk kaffebord“
Und da es in diesem Beitrag um Gemeinsamkeiten geht, gibt es natürlich auch in Dänemark eine Kaffeetafel. Allen voran im Süden Dänemarks und das nennt sich dann „sonderjysk kaffebord“. Der „kaffebord“ ist in Südjütland eine echte Institution. Aber nicht nur das, dahinter steckt eine Geschichte, die ihre Wurzeln im dänischen Freiheitskampf in Südjütland hat.
Nach dem Krieg von 1846 fiel Südjütland unter die deutsche Herrschaft und das schmeckte vielen dänisch-gesinnten Südjütländern natürlich ganz und gar nicht. Um ihren Protest auszudrücken, trafen sie sich in Versammlungshäusern und sangen – obwohl das offiziell verboten war – dänische Lieder. Das stieß natürlich auf Unmut auf deutscher Seite und so verweigerten sie den Versammlungshäusern die Schankgenehmigung. Sie hofften wohl darauf, dass, wenn die Treffen nicht mit dem traditionellen Kaffeepunsch beschlossen werden konnten, auch nicht mehr stattfinden würden.
Lach… da fällt mir doch gleich wieder die Geschichte mit dem „nordfriesischen Pharisäer“ ein. Nicht nur die Nordfriesen wussten sich mit einer List zu helfen (auch wenn es hier nur um den Alkohol ging), sondern die Südjütländer auch. Fortan trafen sich die Dänen einfach zum Kaffee, denn dafür brauchte es schließlich keine Schankgenehmigung. Damit konnten die Deutschen die dänisch-gesinnten Lieder und Reden, an der damals schon reichlich gedeckten Kaffeetafel (kaffebord), nicht mehr verhindern.
Und zu den Versammlungen kamen reichlich Dänen. Es waren sogar so viele, dass die Versammlungshäuser gar nicht in der Lage waren, für so viele Menschen zu backen. Da brachten die Dänen dann einfach selbstgebackene Kuchen von Zuhause mit. Es heißt sogar, dass unter den Hausfrauen ein kleiner Wettstreit um den wohlschmeckendsten Kuchen entstand, so dass die südjütländische Kaffeetafel auch damals schon von hoher Qualität geprägt war.
Na, wer hat nun Lust auf Kaffee und Kuchen? Mich würde jetzt auf alle Fälle mal interessieren, welchen Ursprung die nordfriesische Kaffeetafel hat. Hat sie aufgrund der Nähe vielleicht sogar dieselbe Geschichte?
6 Kommentare zu „Süße Gemeinsamkeit – grenzenløser Genuss“
Hallo ihr Lieben,
ein sehr interessanter Beitrag über die Kaffeetafel. Dass es sie diesseits und jenseits der Grenze gibt, liegt im Zweifel daran, dass selbige sich im Laufe der Geschichte mehrfach verschoben hat?!? Wie auch immer, es gibt von Siegfried Lenz eine köstliche literarische Würdigung der Kaffeetafel namens – oh Wunder – jütländische Kaffeetafel.
Ich habe mich köstlich amüsiert.
Herzliche Grüße von Bovbjerg Fyr, ich habe hier gemeinsam mit dänischen Kolleginnen eine Ausstellung. Vernissage ist am Sonntag um 14.00 Uhr, die Ausstellung ist zu sehen bis Ende Juli. Vielleicht habt ihr mal Lust auf einen Besuch
Moin liebe Ellen,
von der Novelle habe ich auch schon gehört, sie aber noch nicht gelesen. Inzwischen weiß ich auch schon mehr über die Sitten der dänischen Kaffeetafel. Dort scheint es Pflicht zu sein, dass sieben weiche, sieben feste und sieben harte Kuchen/Torten kredenzt werden. Und, was mir ganz sympathisch ist, man muss nicht alle probieren, sondern nur – ich glaube, auch sieben. 😉
Das freut mich für dich. Mal gucken was unser Terminkalender sagt. Durch Ralphs Ausfall haben wir noch einiges aufzuholen. Auf jeden Fall wünschen wir dir viel Erfolg und Freude.
Liebe Grüße,
Claudia
Guten Morgen ihr Lieben,
für mich ist klar, ich dürfte da nicht leben, bei der Kuchenauswahl würde ich durch keine Tür mehr passen *lach* und widerstehen fällt mir schwer.
Sehr interessanter Bericht und wie immer klasse Fotos. Weiterhin gute Besserung für Ralph.
Ganz liebe Grüße von mir
Moin meine Liebe,
lach… also bei Torten hätte ich so gar kein Problem „nein“ zu sagen, bei Kuchen sieht das schon anders aus. (grins) Auf alle Fälle ist das eine sehr süße Angelegenheit hier im Norden.
Liebste Grüße von der Westküste,
Claudia
Guten Morgen meine Liebe,
ich gestehe, ich kann nicht so gut widerstehen *lach* besonders bei Kuchen, bei Torten kommt es drauf an. Ich backe sogar manchmal selber :-).
Du kannst es dir ja leisten ab und zu den süßen Verlockungen des Nordens zu verfallen 😉
Ganz liebe Grüße von mir und genießt das Wochenende
Moin Sonnenschein,
wenn es nur die Sünde nach dem Süßen ist. 😉 Ein Laster darf doch jeder haben.
Ich mag Torten deshalb nicht, weil in meiner Kindheit Omas und Tanten meinten, man müsse mir Sahne pur zum Trinken geben, damit ich etwas auf die Rippen bekomme. Das war für mich eine sehr ekelige Angelegenheit, weshalb ich Sahne auch heute nicht unbedingt haben muss.
Euch ein zauberhaftes Wochenende und ganz liebe Grüße,
Claudia